Silberstreifen am chinesischen Horizont für Airbus
Peking/Paris Politikerbesuche in China werden gerne mit Milliardenabschlüssen geschmückt. Am Donnerstag kommt die Kanzlerin samt Kabinett nach Peking. Gelingt Airbus ein sattes Geschäft mit neuen Maschinen für den rasant wachsenden Luftfahrtmarkt in China? Der Besuch von Kanzlerin Angela Merkel diese Woche in China weckt neue Hoffnungen für Europas Flugzeugbauer Airbus. Gleich an zwei Fronten deutet […]
Peking/Paris
Politikerbesuche in China werden gerne mit Milliardenabschlüssen geschmückt. Am Donnerstag kommt die Kanzlerin samt Kabinett nach Peking. Gelingt Airbus ein sattes Geschäft mit neuen Maschinen für den rasant wachsenden Luftfahrtmarkt in China?
Der Besuch von Kanzlerin Angela Merkel diese Woche in China weckt neue Hoffnungen für Europas Flugzeugbauer Airbus. Gleich an zwei Fronten deutet sich Bewegung an: Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa wird intensiv über den Verkauf neuer Flugzeuge verhandelt. Ein Abschluss beim Besuch der Kanzlerin wird in deutschen Regierungskreisen nicht ausgeschlossen. Auch wird gehofft, mit der politischen Begleitung die Verhandlungen über eine Verlängerung des 2016 auslaufenden Vertrages für das Airbus-Endmontagewerk in Tianjin voranzubringen.
Beides sei aber «noch in der Diskussion» und «nicht in trockenen Tüchern», berichten Quellen vor dem zweiten deutsch-chinesischen Kabinettstreffen, zu dem die Kanzlerin mit sieben Ministern und zwei Staatssekretären am Donnerstagmorgen in Peking eintreffen wird. Airbus selbst sieht in Merkels Reise «einen wichtigen Schritt», wie es in Paris offiziell heißt. «China ist einer der größten Märkte in Asien mit einem riesigen Entwicklungspotenzial.»
Dass Chinas Regierungschef Wen Jiabao persönlich mit der Kanzlerin am Freitag in seiner Heimatstadt Tianjin südöstlich von Peking das Airbus-Werk besucht, wird als «deutliches Signal» gewertet, dass Chinas Führung großes Interesse an einer Fortsetzung der Kooperation mit den Europäern im Flugzeugbau hat. Das einzige außereuropäische und dritte Airbus-Werk nach Hamburg und Toulouse baut gerade seinen 100. Airbus der A320-Familie – alle für den chinesischen Markt. Bis zum Ende der Vertragslaufzeit 2016 werden es 284 Airbusse sein.
Wie es danach weitergeht, ist offen. Das Werk ist ein Joint Venture mit einem chinesischen Konsortium aus der Tianjin Free Trade Zone (TJFTZ) und der China Aviation Industry Corporation (Avic), die ihrerseits auch in Shanghai an dem Konkurrenzflugzeug C919 baut. Diese chinesische Eigenentwicklung soll 2016 in den Flugdienst gehen.
Für Airbus ist die Montage in China teurer als im deutschen Werk in Hamburg oder am Stammsitz in Toulouse, weil die Teile meist aus Europa eingeflogen werden. Die Idee war aber von Anfang an, über das Werk in China besseren Zugang zu dem heute schon zweitgrößten Flugzeugmarkt zu bekommen und künftig den US-Konkurrenten Boeing zu überflügeln, der beim Marktanteil noch etwas mehr als die Hälfte in China hält. Wie aber die Kosten künftig neu verteilt werden und wieviel neues KnowHow nach China gebracht wird, muss für eine Fortsetzung der Kooperation ausgehandelt werden.
Auch haben sich die Wolken über dem chinesischen Flugzeugmarkt für Airbus durch den Streit über die europäische Klimaschutzabgabe im Luftverkehr (ETS) verdunkelt. So schickt Merkel mit der Visite in dem Montagewerk eine «klare Botschaft», dass sie hier Fortschritte wünscht, wie ein europäischer Diplomat meint. China hatte seinen Airlines untersagt, die Abgabe zu zahlen. Auch wurde demonstrativ der Kauf von 35 Maschinen des Typs A330 und zehn A380 im Wert von insgesamt mehr als zehn Milliarden US-Dollar vorerst auf Eis gelegt.
Trotz der verhärteten Fronten berichten EU-Diplomaten von Anstrengungen, eine Lösung zu finden. Da die Abgabe im Rahmen des Handels mit Emissionszertifikaten erhoben wird, ließen sich Chinas Klimaschutzanstrengungen in anderen Bereichen anrechnen. Es gebe verschiedene, «sehr technische» Optionen. «China und die EU sind nicht so weit voneinander entfernt», gab sich ein hoher EU-Diplomat optimistisch. Doch ein Durchbruch ist bisher nicht in Sicht.
Vor dem Hintergrund des Streits wäre allerdings ein Verkauf neuer Airbusse beim Besuch der Kanzlerin eine große Überraschung und ein klarer Hinweis auf Bewegung auf chinesischer Seite. Airbus verhandelt nach Angaben aus Luftfahrtkreisen über den Verkauf von 100 Maschinen des modernen Typs A320neo nach China. Der Bedarf für diesen Typ – wie auch für Chinas Konkurrenzflieger C919 – ist riesig: Airbus schätzt, dass China in den nächsten 20 Jahren mehr als 3800 neue Flugzeuge braucht und damit die USA als größten Luftfahrtmarkt der Welt überholen wird.
Andreas Landwehr und Gerd Roth, dpa