High-Tech-Jet A350 auf der Zielgerade
Toulouse Zum offiziellen Endmontage-Start seines Langstreckenfliegers A350 gibt sich Europas Flugzeugbauer Airbus zuversichtlich. Hinter der Kulissen gibt es allerdings Streit und Sorgen. Schuld sind unter anderem die Deutschen. Zwei Wochen nach dem Scheitern der Fusionspläne mit dem britischen Rüstungsunternehmen BAE Systems wird in Europas größtem Luft- und Raumfahrtkonzern EADS wieder gefeiert. Im südfranzösischen Toulouse eröffnete […]
Toulouse
Zum offiziellen Endmontage-Start seines Langstreckenfliegers A350 gibt sich Europas Flugzeugbauer Airbus zuversichtlich. Hinter der Kulissen gibt es allerdings Streit und Sorgen. Schuld sind unter anderem die Deutschen.
Zwei Wochen nach dem Scheitern der Fusionspläne mit dem britischen Rüstungsunternehmen BAE Systems wird in Europas größtem Luft- und Raumfahrtkonzern EADS wieder gefeiert. Im südfranzösischen Toulouse eröffnete das Tochterunternehmen Airbus heute offiziell das riesige Endmontagewerk für seinen neuen Starflieger A350 XWB. Das Langstreckenflugzeug ist die mit Spannung erwartete Antwort auf den «Dreamliner» des US-amerikanischen Erzrivalen Boeing und soll das weiter laufende A330-Programm ergänzen.
Von ungetrübter Stimmung kann bei Airbus allerdings keine Rede sein. Der zum Großteil aus besonders leichten Verbundwerkstoffen gefertigte Hightech-Jet wird frühstens im Sommer 2014 auf den Markt kommen. Zuletzt musste der Erstauslieferungstermin wegen der Einführung einer neuen Bohrtechnik für die Tragflächen um mehrere Monate verschoben werden.
«Kein Vergleich mit den Problemen und der dreijährigen Verzögerung beim Boeing-Dreamliner», versuchen Airbus-Ingenieure in Toulouse zu beschwichtigen. Sie verweisen stolz darauf, dass die Kabine ihres neuen Langstreckenfliegers noch einmal größer und komfortabler sein werde als die beim Konkurrenzmodell.
Dank der Leichtbauweise sollen die Maschinen zudem deutlich weniger Flugbenzin verbrauchen und dadurch deutlich günstiger betrieben werden können als andere Modelle. Die Verringerung der klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen pro Passagier wird auf bis zu 25 Prozent taxiert. Je nach Version können die Maschinen mit bis zu 350 Sitzen ausgestattet werden.
Neben den Verzögerungen belasten aber auch Spannungen zwischen den Regierungen in Paris und Berlin die Atmosphäre. Frankreichs Premierminister Jean-Marc Ayrault stellte sich am Dienstag demonstrativ hinter den Chef der Airbus-Muttergesellschaft EADS, Thomas Enders, der die vor allem von Deutschland verhinderte Fusion maßgeblich angestoßen hatte und damit Schiffbruch erlitt. Er habe vollstes Vertrauen in Enders strategische Entscheidungen, sagte Ayrault.
Zugleich forderte der Franzose Berlin indirekt auf, seinen Beitrag zur milliardenschweren Anschubfinanzierung für die A350 zu leisten. «Die europäischen Staaten spielen seit jeher eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung von Luftfahrtprojekten. (…) Es ist unabdingbar, dass die Zusagen komplett eingehalten werden», sagte Ayrault und verwies darauf, dass Frankreich dies selbstverständlich tue.
Er spielte damit auf den Kreditkonflikt zwischen EADS und Deutschland an. Zwischen der Bundesregierung und dem Flugzeugbauer schwelt seit Monaten ein Streit über die Verteilung der Airbus-Wertschöpfung zwischen Deutschland und Frankreich. Der deutsche Luft- und Raumfahrtkoordinator Peter Hintze (CDU) forderte, mehr qualifizierte Arbeitsanteile bei der A350-Entwicklung in das deutsche Airbus-Werk nach Hamburg zu ziehen. Enders, der erst seit kurzem allein an der EADS-Spitze steht und zuvor Airbus-Chef war, lehnt dies ab.
Bei Airbus gibt man sich beim Thema Anschubfinanzierung zugeknöpft. Der für das operative Geschäft zuständige Vorstand Günter Butschek verweist darauf, dass selbst bei dem in Toulouse montierten Airbus 350 rund ein Drittel der Bauteile aus Deutschland kommen. «Hamburg ist unser Kompetenzzentrum für die A320-Familie. Die A330, die auf Sicht gesehen durch die A350 ersetzt werden soll, wird traditionell hier in Toulouse montiert und insofern war es richtig und konsequent zu sagen, wir bleiben mit der Langstrecke hier in Toulouse», sagte er am Dienstag.
Den gescheiterten Fusionsplänen will der deutsche Topmanager nicht lange hinterhertrauern. Eine starke Muttergesellschaft, die auf den zwei soliden Standbeinen zivile Luftfahrt sowie Rüstung und Verteidigung steht, wäre Airbus entgegenkommen, sagt Butschek. «Aber wir fühlen uns auch mit EADS in der heutigen Grundstruktur gut aufgehoben.»
Ansgar Haase, dpa
Fotogalerie: Airbus feiert Produktionsstart vom neuen Langstreckenflieger A350, Airbus