Hannover Der neue Vorzeige-Jet von Airbus steht vor dem Erstflug. Er kommt gerade rechtzeitig: Die jüngste IATA-Konferenz hat gezeigt, dass die Airlines aus der Rezession kommen und wieder investieren. Zudem ist auch der Rivale, Boeings 787 «Dreamliner», wieder in der Luft. Im Cockpit der Testmaschine MSN1 steht alles bereit: Europas neuer Hightech-Flieger A350 XWB macht […]

Hannover

Der neue Vorzeige-Jet von Airbus steht vor dem Erstflug. Er kommt gerade rechtzeitig: Die jüngste IATA-Konferenz hat gezeigt, dass die Airlines aus der Rezession kommen und wieder investieren. Zudem ist auch der Rivale, Boeings 787 «Dreamliner», wieder in der Luft.

Im Cockpit der Testmaschine MSN1 steht alles bereit: Europas neuer Hightech-Flieger A350 XWB macht sich startklar für den Jungfernflug. Nach ersten Triebwerkstests Anfang Juni präsentierte der Flugzeugbauer Airbus bereits die Besatzung für den Erstflug. Die beiden Testpiloten Peter Chandler und Guy Magrin sowie Flugingenieur Pascal Verneau werden den neuen Vorzeige-Jet erstmals in sein Element steuern. «Wir liegen voll im Zeitplan», sagt Airbus-Sprecher Stefan Schaffrath der Nachrichtenagentur dpa.

«Mitte des Jahres», so hatte Airbus angekündigt, stehe der Erstflug an. Fraglich bleibt, ob er mit dem großen Stelldichein der Branche, der Luftfahrtmesse in Le Bourget (17. bis 23.6.), zeitlich zusammenfallen könnte.

Der neue Airbus A350 stößt auf eine positive Grundstimmung der Branche. Die Luftfahrtindustrie macht wieder in Optimismus – auf dem jüngsten Jahrestreffen in Kapstadt sagte der Branchenverband IATA fürs laufende Jahr gerade einen Gewinnanstieg auf 12,7 Milliarden Dollar (9,8 Mrd Euro) für 2013 voraus. Kein Wunder, dass sich Fluggesellschaften rund um den Globus wieder Gedanken über Flottenerneuerungen machen – und dabei vor allem auf sparsamere Jets setzen. Airbus hat entsprechend seine Auftragsprognosen fürs laufende Jahr bereits aufgestockt.

Der neue Airbus soll sich als Sparflieger einen Teil des Kuchens sichern. Gegenüber herkömmlichen Langstrecken-Verkehrsjets liege sein Verbrauch um 25 Prozent niedriger, verspricht Airbus. Als neuer Hoffnungsträger soll der neue Hightech-Flieger das Unternehmen nach mehreren Verzögerungen im Zeitplan und Änderungen am ursprünglichen Entwurf nun weiter fest im Aufwind halten.

Für die norddeutschen Standorte in Hamburg, Stade und Bremen, aber auch viele Zuliefererbetriebe bedeutet die Produktion des neuen Verkehrsjets die Schaffung hunderter neuer Jobs. Den Werken mit insgesamt 18 000 Mitarbeitern kommt eine Schlüsselstellung bei Entwicklung und Fertigung des Jets zu.

Die EADS-Tochter Airbus und ihr Rivale, der US-Flugzeughersteller Boeing, drängen beide mit Modellen auf den Markt, die vor allem dank neuer Materialien den Flugzeugbau revolutionieren sollen. Beide setzen auf leichte und zugleich stabile Verbundmaterialien statt auf herkömmliches Aluminium in Rumpf und Flügeln. Das Motto lautet vor allem leise und sparsam – und dank üppiger elektronischer Ausstattung zudem auch noch komfortabler für die Passagiere.

Die neuen zweistrahligen Jets sollen lange Strecken möglichst verbrauchsgünstig bewältigen. Und sie sollen zugleich das bisher dominante Duopol von Airbus und Boeing im Flugzeugbau absichern helfen – denn chinesische und russische Rivalen drängen bereits mit Macht auf den Markt.

Auch wenn der erste «Dreamliner» 787 mit mehr als drei Jahren Verspätung ausgeliefert wurde: Die Europäer liegen bisher trotz eines Bestands von 616 Festaufträgen von 34 Kunden für den Airbus A350 weltweit hinter den Amerikanern. Doch dafür plagen den US-Hersteller Image-schädigende Probleme. Drei Monate standen die bereits ausgelieferten ersten 50 «Dreamliner» zwangsweise am Boden, weil sich die eingebauten neuartigen Batterien als brandgefährlich herausgestellt hatten. Ein Alptraum, der den kommerziellen Höhenflug des A350-Konkurrenzmodells erst einmal ausbremste, bis es vor kurzem wieder die Startgenehmigung erhielt.

Der «Dreamliner» setzt als erstes Verkehrsflugzeug auf den Einsatz leistungsfähiger und leichter Lithium-Ionen-Batterien. Airbus zog Konsequenzen aus den Problemen der Konkurrenz und ging erst mal auf Nummer sicher. Die Europäer verwenden erst einmal die erprobte, aber schwerere Nickel-Cadmium-Technik. «Damit gefährden wir den Zeitablauf für den A350 XWB nicht und halten uns selbstverständlich die Lithium-Ionen-Option für die Zukunft offen», hatte Airbus-Geschäftsführer Günter Butschek im April betont.

Quelle: Ralf E. Krüger, dpa