Surf-Kultur und Multikulti in Melbourne, Panorama-Aussichten auf der Great Ocean Road: Der Süden Australiens hält ein abwechslungsreiches Programm bereit – tierische Begegnungen eingeschlossen. Melbourne (dpa/tmn) – Surfer sind sie irgendwie alle. Denn Surfen ist im Süden Australiens mehr als ein Sport, auch mehr als ein Volkssport. Es ist ein Lebensgefühl. So lässig, wie sie auf ihren […]

Surf-Kultur und Multikulti in Melbourne, Panorama-Aussichten auf der Great Ocean Road: Der Süden Australiens hält ein abwechslungsreiches Programm bereit – tierische Begegnungen eingeschlossen.

Surfer sind sie irgendwie alle. Denn Surfen ist im Süden Australiens mehr als ein Sport, auch mehr als ein Volkssport. Es ist ein Lebensgefühl.

So lässig, wie sie auf ihren Boards die Wellen abreiten, so locker nehmen die Einwohner Melbournes auch ihren Alltag. Diese weit verbreitete Mentalität nennt sich «laid-back lifestyle», was mit entspannt zurückgelehntem Lebensstil eher holprig übersetzt ist.

Die sogenannten Melburnians jedenfalls sind mental allesamt Surfer. Ihre Lässigkeit macht die Einwohner der zweitgrößten Metropole des Kontinents so liebenswert – und ihre Stadt so lebenswert. Gut möglich, dass die junge Bankangestellte unter dem Business-Kostüm Bikini trägt und ihr Kollege im Aktenkoffer schon den Neopren-Anzug dabei hat, um gleich nach Feierabend surfen zu gehen.

Keine Sorge, Kumpel

Wer nicht an den Strand kann, strömt in die unzähligen Bars und Restaurants in den von Graffitis überzogenen Backsteinhäusern rund um die Flinders Lane. Hier finden sich einige der besten Küchen der Stadt, die es kulinarisch durchaus mit Sydney aufnehmen kann. Bis zur Corona-Pandemie und den Buschbränden, die dem Tourismus schwer zusetzen, wurde ein Lokal nach dem anderen neu eröffnet. Die Qualität ist oft spitze, die Atmosphäre aber: selbstverständlich lässig.

Im Restaurant Coda werden die kleinen Meisterwerke von Koch Adam D’Sylva von teils großflächig tätowierten Kellnern serviert, die jeden Extra-Wunsch mit einem freundlichen «No worries, mate!» quittieren. Kein Problem, Kumpel! Auch in der stets vollen Kneipe des «Garden State Hotels» oder der Rooftop-Bar des «QT Melbourne» kommt man schnell ins Gespräch, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Meist geht es um Sport: Surfen, Formel 1, die Tennis Australian Open in der Stadt, Cricket, Football. Die Footy genannte australische Version des Footballs lockt regelmäßig 100 000 Zuschauer ins Stadion.

Nur im australischen Frühjahr stehlen rassige Rennpferde den Football-Profis die Show. Am ersten Dienstag im November schauen Hunderttausende Zuschauer und Millionen Australier an den Fernsehern den Melbourne Cup. Seit 1877 ist der Tag der Pferderennen in ganz Victoria gesetzlicher Feiertag.

Wellenreiten geht auch mit Kater

Gefeiert wird gern in Melbourne, der Hauptstadt des Bundestaates. Das sieht man, wenn man am Yarra-Fluss entlang radelt oder spaziert. Der in die Port Phillip Bay mündende Fluss trennt den Botanischen Garten von der Rod Laver Arena, in der die besten Tennisspieler der Welt die Australian Open austragen. Die Uferbars sind immer voll.

Sind für den nächsten Tag gute Wellen vorhergesagt, starten Melbournes Surfer dennoch früh. «Lieber mit Kater surfen als gar nicht», bekennt zum Beispiel ein Surfer, der sich auf dem Queen Victoria Market mit Proviant eindeckt. «No worries!»

Der Queen Victoria Market mitten in der Stadt ist einer der größten Märkte der südlichen Hemisphäre. Dort gibt es alles – von asiatischem Seafood, über «German Bratwurst» bis hin zu gegrilltem Känguru und Krokodil. Der Markt ist ein Spiegelbild der multikulturellen Stadt.

Wer Surfen liebt, muss nach Torquay

Das Herz der Surfer-Kultur schlägt eineinhalb Autostunden südwestlich in Torquay, wo die Wellen des Südpazifiks perfekt anrollen – in einigen Buchten sanft für Anfänger und Kinder, in anderen gigantisch hoch für Profis. Dort reiht sich ein Surf-Shop an den nächsten.

Angleseas ist einer der Kultläden. Gründer Bruce Little kam in den 1960er Jahren zum Surfen nach Torquay und blieb. Sein Shop bietet Hunderte neue und Second-Hand-Boards. Für 25 Australische Dollar kann man eines für einen Tag mieten.

Torquay ist Australiens Surfer-Hauptstadt. Und wie es sich für eine Hauptstadt gehört, hat sie natürlich auch ein Museum. Das National Surfing Museum ist das weltweit größte seiner Art auf der Welt, inklusive historischer Board-Sammlung und Hall of Fame. In der Werkstadt kann beim Bau der Surfboards zusehen.

Noch beeindruckender ist es aber, dem Einsatz der Boards in den Wellen zuzuschauen. Überall laufen Beach-Girls und Beach-Boys barfuß und mit Boards unter dem Arm über die Straßen zum Strand. Unter dem aufmerksamen Blick der überall präsenten Rettungsschwimmer paddeln sie hinaus, um dann auf den Wellen reitend zurück an den Strand zu gleiten. Touristen schauen oft stundenlang fasziniert zu – beim Picknick oder aus einem der großartigen Fischrestaurants.

Auf der Great Ocean Road nach Lorne

Hinter jeder Windung der Great Ocean Road, die in Torquay beginnt und traumhaft an der Küste Victorias entlang führt, eröffnen sich neue Traumbuchten mit Leuchttürmen und Sandstränden, hinter denen sich Wälder an Hängen hinaufziehen.

Auf halber Strecke zwischen Melbourne und den berühmten Twelve Apostles liegt Lorne, wo sich an Wochenenden halb Melbourne trifft. Melbourner Restaurants wie das Coda oder das Movida mit erstklassiger, spanisch angehauchter Küche haben nicht zuletzt deshalb in Lorne Dependancen. Das Essen mit Blick auf den Ozean ist ein Genuss, sofern man nicht von den frechen Kakadus attackiert wird.

Weiter nach Westen führt die Great Ocean Road nach Apollo Bay, wo das Cape Otway in den Pazifik hinausragt. Weit sichtbar markiert ein weißer Leuchtturm die Landspitze in diesen gefährlichen Gewässern mit zahlreichen Schiffswracks. Einige von ihnen, etwa die vor Apollo Bay gesunkene «S.S. Casino», sind inzwischen beliebte Tauchspots.

Auf Augenhöhe mit Koalas

Auch vor Apollo Bay gleiten wieder Surfer auf den Wellen. Hier aber konkurrieren sie mit zwei anderen australischen Werbe-Ikonen um die Aufmerksamkeit der Touristen: Kängurus und Koalas.

Das im Sommer 2020 eröffnete Wildlife Wonders blieb von den verheerenden Buschbränden verschont. Es wirkt wie ein Zauberwald aus einem Fantasyfilm. Riesige Farne bedecken einen Boden, auf dem unzählige, silbrig im Sonnenlicht glitzernde Eukalyptusbäume wachsen. Nur der behindertengerechte Weg lässt erahnen, dass dieser Urwald von Landschaftsarchitekt Brian Massay geschaffen wurde, der auch für die Kulissen des Blockbusters «Herr der Ringe» verantwortlich war.

«Wildlife Wonders ist eine Non-Profit-Organisation», erklärt Manager Shayne Neal. Er und sein Team bieten regelmäßig Führungen zu ihren Stars an. «Das sind natürlich unsere Koalas», sagt Neal. Die niedlichen Bärchen hocken meist fressend oder schlummernd in den Astgabeln der Eukalyptus-Bäume. Da sich der Weg serpentinenartig am Hang entlangschlängelt, kann man die Tiere aus Augenhöhe und wenigen Metern Entfernung beobachten. Sie schlafen bis zu 20 Stunden am Tag, weil die Eukalyptusblätter so schwer verdaulich sind.

Die Führungen werden in Gruppen von maximal 24 Personen durchgeführt, jeder bekommt ein Headset. «So können wir leise reden und stören die Tiere nicht», sagt Neal. Am aktivsten seien diese morgens und abends in der Dämmerung – vor allem die Kängurus.

Vorsicht, Känguru voraus!

Australiens Wappentiere hoppeln mit Vorliebe hinter dem Besucherzentrum über eine riesige Lichtung, über die man aufs Meer schaut. «Dort beginnt der traumhafte Great Ocean Walk bis zu den Twelve Apostles. Die 104 Kilometer kann man bequem in fünf Tagen wandern», erzählt Neal. Mit dem Auto sind es nur eineinhalb Stunden, wobei man wegen den Kängurus, die immer wieder über die Straße hüpfen, auf keinen Fall zu schnell fahren sollte.

Außerdem lohnt sich ein Abstecher auf den Gourmet Trail im Hinterland von Port Campbell. Dort produziert Apostle Whey Cheese hervorragende Bries und Camemberts, die zum Beispiel in der Timboon Railway Shed Distillery angeboten werden. Timboon destilliert Single Malt Whiskys, die man in dem ehemaligen Bahn-Schuppen probieren und kaufen kann. Oder man trinkt ihn im ausgezeichneten Restaurant der Brennerei zum knusprig gegrillten Schweinbauch auf asiatischem Papaya-Salat, bevor man zum Höhepunkt der Great Ocean Road weiterfährt.

Wo die See auf imposante Felsklippen trifft

Der Name Zwölf Apostel hat sich in den 1950er Jahren eingebürgert. Schon damals waren es aber nur neun Felsen, die freistehend bis zu 45 Meter aus der Brandung in den Himmel ragten. Entstanden sind sie über Millionen von Jahren durch Erosion, durch den Wind und das Meer.

Jedes Jahr frisst der Südpazifik gut zwei Zentimeter der rund 70 Meter hohen Steilküste der Port-Campbell-Klippen. Massivere Bereiche bleiben als Felsen zurück, bis sie komplett umspült werden, die Brücken zum Festland einbrechen und schließlich irgendwann der Kegel im Meer versinkt – so wie der neunte Apostel vor wenigen Jahren.

Neben den Felsen entstanden Buchten, in denen die schäumende Brandung in Höhlen gepresst wird, bis sich das Wasser nach einem explosionsartigen Donnern wieder zurückzieht.

In dieser tosenden See sanken unzählige Schiffe, 1878 zum Beispiel die «Loch Ard» mit 52 Menschen an Bord, wenige Kilometer westlich der Zwölf Apostel. Nur zwei Seeleute konnten sich in eine inzwischen Loch Ard Gorge genannte Bucht retten. Dort vergnügen sich heutzutage Besucher an einem von Felswänden geschützten Badestrand, während auf den Klippen die Gräber der Ertrunkenen verwittern.

Sie sind Mahnung für Leichtsinnige, die sich statt am sicheren Strandabschnitt der Gibson Steps auf der anderen Seite der Zwölf Apostel herumtreiben. Dabei wagen sich nicht einmal die verrücktesten Surfer in die tosende See. Da ist Schluss mit «No worries, mate!»

Info-Kasten: Melbourne und Great Ocean Road

Klima und Reisezeit: Die Monate Oktober bis Mai – also Frühjahr sowie Sommer und Herbst auf der Südhalbkugel – sind am besten geeignet. Die Tiefsttemperaturen liegen dann durchschnittlich zwischen 10 und 15, die Höchsttemperaturen zwischen 15 und 20 Grad Celsius.

Anreise: Der internationale Flughafen Melbourne wird von diversen Airlines von Deutschland aus mit einem Zwischenstopp angeflogen.

Einreise und Corona-Lage: Australien ist bislang sehr glimpflich durch die Pandemie gekommen. Für ausländische Reisende besteht weiterhin ein umfassendes Einreiseverbot.

Informationen: https://de.visitmelbourne.com/

dpa/tmn bk a3 xx xlt pla amc