Luftwaffe übt nach Absturz wieder Flugzeug-Abfangen
Über dem Sauerland stürzte im Juni ein Learjet ab. Kampfjets hatten das Abfangen eines Zivilflugzeuges geprobt. Die Luftwaffe fliegt diese Übungen inzwischen wieder in vollen Umfang. Unterdessen erhält die These von einem Fehler des zivilen Piloten neue Nahrung. Berlin/Arnsberg (dpa) – Die Luftwaffe fliegt ihre Übungen zum Abfangen von Zivilflugzeugen nach einem Unfall im Sauerland […]
Über dem Sauerland stürzte im Juni ein Learjet ab. Kampfjets hatten das Abfangen eines Zivilflugzeuges geprobt. Die Luftwaffe fliegt
diese Übungen inzwischen wieder in vollen Umfang. Unterdessen erhält die These von einem Fehler des zivilen Piloten neue Nahrung.
Berlin/Arnsberg (dpa) – Die Luftwaffe fliegt ihre Übungen zum Abfangen von Zivilflugzeugen nach einem Unfall im Sauerland mit zwei Toten wieder in vollem Umfang. «Nach dem Unglück ist der Bereich im Sauerland eine Zeit lang von solchen Übungen ausgenommen worden. Mittlerweile werden sie aber wieder in gewohntem Umfang durchgeführt», sagte ein Sprecher der Luftwaffe am Mittwoch der dpa. Das Abfangen von Flugzeugen gehöre zur Dauereinsatzaufgabe der Luftwaffe und müsse dementsprechend auch geübt werden.
«Pro Jahr muss die Alarmrotte mindestens ein Dutzend Mal aufsteigen, weil ein Flugzeug keinen Funkverkehr hat. Erst letzte Woche hatte ein aus London kommendes ziviles Verkehrsflugzeug 20 Minuten keinen Funkverkehr», erläuterte der Sprecher. Die Luftwaffe solle dann die Flugzeuge im Sichtkontakt identifizieren und mit der Crew per Handzeichen Kontakt aufnehmen. «Beim Blick ins Cockpit kann man auch schon sehen, ob es sich um eine Entführung handelt.»
Das Übungsszenario geht darüber hinaus: Die Kampfjet-Piloten fordern die abgefangenen Flugzeuge im Sichtkontakt zum Folgen auf und begleiten sie zum Flugplatz oder zwingen sie zur Landung.
Am 23. Juni war bei einer Übung über dem Sauerland ein beteiligter Learjet in etwa 2500 Metern Höhe mit einem Eurofighter zusammengestoßen. Das Zivilflugzeug stürzte nahe Häusern der Ortschaft Olsberg-Elpe ab. Die beiden Insassen des Learjets, ehemalige Kampfpiloten, starben.
Die Luftwaffe will einen Zwischenbericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BfU) zu dem Unfall auswerten. Danach wolle man sich äußern, ob sich aus dem Unglück Konsequenzen ergeben, mit denen solche Unfälle in Zukunft verhindert werden können.
Drei Monate nach der Kollision über dem Sauerland verdichten sich Hinweise auf einen Fehler des zivilen Piloten. Die Staatsanwaltschaft Arnsberg sieht nach dem BfU-Zwischenbericht keine neuen Ermittlungsansätze. «Ich habe bislang keine Anzeichen auf einen Flugfehler des Militärpiloten», sagte Staatsanwalt Klaus Neulken.
Zur Absturzursache und zum Verschulden wolle sich die BfU allerdings erst in ihrem Abschlussbericht äußern, mit dem Neulken nicht vor Sommer des kommenden Jahres rechnet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung.
Die Unfallermittler dokumentieren in dem am Mittwoch veröffentlichten Zwischenbericht Übungsablauf. Dazu wurden unter anderem Helmkameras der Militärpiloten, Flugschreiber und die Stimmenrekorder der drei am Manöver beteiligten Maschinen ausgewertet. Der Kopilot des Learjets sagte demnach kurz vor der Kollision zu dem neben ihm sitzenden Piloten: «Kannst du mal nehmen, ich kann den nicht mehr sehen.» Zehn Sekunden später zeichnete der Rekorder «dumpfe Geräusche» auf und stoppte dann. «Möglicherweise ist bei dieser Übernahme etwas passiert», meinte Staatsanwalt Neulken.
Der 33 Jahre alte Pilot des bei der Kollision beschädigten Eurofighters gab bei der BfU an, er habe ins Cockpit des Learjets geschaut, als er eine Erschütterung wahrnahm. Dann sei das Flugzeug verschwunden, er habe «im Spiegel schwarzen Rauch gesehen» und die Übung abgebrochen. Trotz Schäden am Kampfjet konnte er zum Luftwaffenstützpunkt Nörvenich zurückkehren. Der Pilot habe 2013 und 2014 insgesamt 37 dieser Übungen geflogen.
Nach einem Bericht der «Süddeutschen Zeitung» (Mittwochausgabe) geht aus dem Zwischenbericht der BfU hervor, dass die Kollision auf eine zu enge geflogene Kurve des zivilen Flugzeugs zurückgehe.