Whistleblower packen aus: Gilt bei Boeing Produktion vor Sicherheit?
Ein neuer Skandal erschüttert Boeing. Nicht konforme 737-Teile hätten zu einem katastrophalen Ereignis führen können. Die Details!
In einem internen Papier an seine Mitglieder, hat der permanente Untersuchungs-Unterausschuss des US-Senats weitere brisante Details zu Whistleblower-Meldungen bezüglich der Sicherheit und Qualität von Boeing-Jets veröffentlicht.
Seit der Eröffnung der Untersuchung hat der Unterausschuss nach eigenen Angaben weitere Meldungen von Informanten aus der Luftfahrtindustrie erhalten, darunter auch von Personen, „die aus erster Hand über die Arbeitsabläufe und Richtlinien von Boeing Bescheid wissen.“
Whistleblower decken Missstände bei Boeing auf
Das interne Papier beschreibt, dass insbesondere diese Whistleblower zahlreiche Informationen über „Boeings fortwährendes Missmanagement von fehlerhaften Teilen und die Abschaffung von Qualitätsinspektionen“ geliefert hätten. Einige Whistleblower, die sich an den Unterausschuss gewandt haben, möchten anonym bleiben, andere haben sich entweder öffentlich geäußert oder sind bereit, ihre Geschichten zum ersten Mal öffentlich zu machen.
Wie es in dem jüngsten Bericht aus diesem Monat heißt, „zeichnen Dokumente und Berichte von Whistleblowern, die mit der Boeing-Produktion in den Werken im Bundesstaat Washington und in Charleston, South Carolina, vertraut sind, ein beunruhigendes Bild eines Unternehmens, das der Produktionsgeschwindigkeit und der Kostensenkung Vorrang vor der Gewährleistung der Qualität und Sicherheit von Flugzeugen einräumt.“
Gilt bei Boeing Produktion vor Sicherheit?
Laut Untersuchungsausschuss scheinen diese falschen Prioritäten zu einer Sicherheitskultur beizutragen, „die Bedenken der Mitarbeiter nur unzureichend wertschätzt und an der Wurzel packt und die Mitarbeiter, die sich zu Wort melden, nur unzureichend vor Vergeltungsmaßnahmen schützt.“
In diesem Monat teilte Sam Mohawk, ein derzeitiger Boeing-Qualitätssicherungsprüfer bei der Material Review Segregation Area, in der brauchbare von nicht brauchbaren Teilen im Boeing-Werk Renton getrennt werden dem Unterausschuss mit, dass er „Zeuge einer systematischen Missachtung der Dokumentation und Rechenschaftspflicht für nicht konforme Teile im Boeing-Werk Renton geworden sei, wo die 737 MAX hergestellt wird.“
Missachtung von Vorschriften
Am 11. Juni 2024 reichte Mohawk eine bislang nicht veröffentlichte Beschwerde bei der Occupational Safety and Health Administration (OSHA) ein. Zu seinen Aufgaben bei der MRSA gehört derzeit die Bearbeitung fehlerhafter Teile, eine Arbeit, die seiner Ansicht nach nach der Wiederaufnahme der 737 MAX-Produktion erheblich komplexer und anspruchsvoller wurde, als die FAA die Wiederinbetriebnahme des Flugzeugs nach zwei Abstürzen in den Jahren 2018 und 2019 genehmigte.
Wie der Untersuchungsbericht weiter mitteilt, behauptet Sam Mohawk, dass „die MRSA im Vergleich zur Zeit vor dem Grounding einen Anstieg (der Berichte über fehlerhafte Teile) um 300 Prozent verzeichnete“ und dass „das 737-Programm Hunderte fehlerhafter Teile verlor.“
Teile vor FAA versteckt
Sam Mohawk behauptet, dass die Unfähigkeit des Werks in Renton, nicht konforme Teile angemessen zu verwalten dazu führte, dass das Unternehmen bei einer Inspektion vor Ort „absichtlich unsachgemäß gelagerte Teile vor der FAA versteckte“.
Der Whistleblower behauptet ferner, dass die überwältigende Anzahl fehlerhafter Teile seine Vorgesetzten schließlich dazu veranlasste, ihn und andere anzuweisen, die Aufzeichnungen, in denen ein Teil als fehlerhaft bezeichnet wird, „zu eliminieren oder zu löschen“. Diese Aufzeichnungen werden als Nonconformance Report („NCR“) bezeichnet.
Verstößt Boeing gegen eigene Richtlinien?
Während eines Treffens im August 2023 soll der Leiter des Boeing Material Review Board für das 737 MAX-Programm seine Anweisung wiederholt haben, dass alle NCRs zu löschen sind und keine schriftlichen Aufzeichnungen über nicht konforme Teile geführt werden. Wenn es sich so zugetragen hat, wäre dies eine Anweisung, die gegen Boeings eigene Richtlinien und Bundesvorschriften verstieß.
Besorgt über die Auswirkungen dieser Anordnung reichte Sam Mohawk laut Untersuchungskommission einen „Speak-Up“-Bericht über Boeings internes System zur Entgegennahme sicherheitsrelevanter Bedenken von Mitarbeitern ein.
Nach Monaten, in denen offensichtlich keine Maßnahmen ergriffen wurden, behauptet Sam Mohawk, dass sein Bericht an dieselbe Gruppe von Managern gerichtet wurde, über die er sich in seinem Bericht beschwert hatte.