Piloten verdienen überdurchschnittlich gut. Vom Ersten Offizier bis zum Kapitän: Die Gehälter entwickeln sich stetig nach oben. Doch was sind die Gründe für diese Erhöhungen? Und welche Entwicklung erwarten Branchenexperten in Zukunft?

Während in vielen Branchen eher Stagnation beim Gehaltsniveau festzustellen ist, sieht es laut der zur Avia Solutions Group gehörenden Pilotenschmiede BAA Training auf dem Lohnzettel der Piloten immer rosiger aus. Und welche Faktoren das Gehaltswachstum beeinflussen, weiß Martynas Mazeika, Chief Growth Officer (CGO) des in Litauen, Spanien, Frankreich und Vietnam ansässigen Ausbildungs- und Trainingszentrums, genau und verweist schnell auf den weltweit festzustellenden Pilotenmangel.

Martynas Mazeika von BAA Training hat das Gehaltsgefüge im Cockpit einmal genauer analysiert. Bild: BAA Training

Im Jahr 2023 hätten Branchenprognosen einen globalen Mangel von 613.000 bis 649.000 Piloten zwischen den Jahren 2023 und 2042 vorausgesagt, so der CGO. Bis 2024 seien die Schätzungen auf 649.000 bis 674.000 Flugzeugführer gestiegen, die bis 2043 benötigt werden. „Dies deutet darauf hin, dass das Ausmaß des Problems bereits in den ersten Prognosen unterschätzt wurde“, so Mazeika.

BAA Training: So groß ist der Bedarf an Piloten

Und der Mangel werde sich fortsetzen – insbesondere aufgrund der raschen Expansion vieler Fluggesellschaften, versichert BAA Training in ihrer Mitteilung. Im Jahr 2024 habe Airbus 766 Verkehrsflugzeuge ausgeliefert, wobei ein großer Teil davon an europäische Fluggesellschaften ging, heißt es seitens des Unternehmens.

Für jedes neue Flugzeug benötigen die Carrier oft bis zu fünf Besatzungen, das heißt: zehn Piloten pro Flugzeug insgesamt – fünf Erste Offiziere und fünf Kapitäne. Dies setze die Branche unter immensen Druck, mehr Piloten auszubilden und einzustellen, betont Mazeika.

Wie viele Piloten werden in Rente gehen?

Ein weiterer wichtiger Grund für den Mangel ist auch die alternde Pilotenbelegschaft. Die US-amerikanische Luftfahrtbehörde FAA schätzt, dass bis 2042 jährlich etwa 4300 Piloten in den Ruhestand gehen werden. „In Europa beobachten wir ähnliche Muster, wobei die alternde Belegschaft die Fluggesellschaften zwingt, ihre Einstellungsbemühungen zu beschleunigen und sogar die Auswahlanforderungen etwas zu lockern“, berichtet Mazeika.

Laut der Pilot Workforce Analysis 2023 der FAA reicht die Zahl der neu in die Branche strömenden Piloten nicht aus, um die Ruheständler zu ersetzen und den Expansionsbedarf der Fluggesellschaften zu decken. Einige Schätzungen gehen davon aus, dass der Bedarf an frisch ausgebildeten Flugzeugführern jährlich um 5000 bis 7000 Absolventen unterschritten werden könnte.

„Auf der einen Seite haben wir also eine schnelle Expansion der Flotten und auf der anderen Seite massiv viele Pensionierungen, während nicht genügend neue Leute in die Branche eintreten oder eine Ausbildung absolvieren. Das schafft das perfekte Umfeld für höhere Gehälter“, sagt Mazeika.

Wie viel Geld verdient ein Pilot?

Im Laufe der Jahre sind die Gehälter von Piloten in Europa deutlich gestiegen, weiß BAA Training: Vor der Corona-Pandemie hätten Erste Offiziere in Europa zwischen 21.600 und 72.000 Euro pro Jahr verdient. Bis zum Frühjahr 2023 seien die Gehälter bereits deutlich gestiegen und lagen zwischen 25.000 und 91.000 Euro. Dieser Aufwärtstrend setzte sich laut des Ausbildungszentrums im Frühjahr 2024 fort. So seien Gehälter für First Officer zwischen 51.000 und 97.000 Euro notiert worden – fast eine Verdoppelung der unteren Gehaltsspanne in nur einem Jahr.

Im Jahr 2024 hätten Chefpiloten in Europa zwischen 120.000 und 270.000 Euro verdient, heißt es weiter, was einen „beeindruckenden Anstieg von 49,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert von 61.000 bis 200.000 Euro bedeutet“. Und es wird erwartet, dass sich die Gehaltssteigerungen bis 2025 und darüber hinaus fortsetzen dürften.

Wie sehr kämpfen Airlines um Piloten?

„Der Kampf um erfahrene Piloten verschärft sich, denn Fluggesellschaften auf der ganzen Welt konkurrieren um einen begrenzten Talentpool. Einige Airlines bieten deutlich höhere Gehaltspakete, um Piloten von Konkurrenten abzuwerben“, berichtet Mazeika.

So biete beispielsweise EasyJet Kapitänen bis zu 191.000 Pfund, während British Airways rund 138.000 Pfund zahlt. British Airways kontere jedoch mit einem niedrigeren Renteneintrittsalter von 55 Jahren im Vergleich zu 65 Jahren bei EasyJet und nutze den Vorruhestand als Einstellungsanreiz, so der CGO weiter. Darüber hinaus biete British Airways die Möglichkeit, auf Langstreckenflugzeuge umzusteigen, was dann mit deutlich höheren Gehältern verbunden ist.

„Aber es geht nicht nur um das Gehalt“, betont Mazeika. „Work-Life-Balance, Altersvorsorge und Sozialleistungen sind heute wichtige Faktoren bei der Einstellung von Piloten. Die Fluggesellschaften setzen alles daran, ihre Angebote so attraktiv wie möglich zu gestalten.“

Und: Neue Fluggesellschaften, vor allem in Asien und dem Nahen Osten, drängen aggressiv auf den Markt. „Für eine neue Fluggesellschaft, die noch keinen guten Ruf genießt, ist das ein Gehalt über dem Marktniveau oft der einzige Weg, um Piloten anzulocken“, erklärt Mazeika. „Dies führt zu einem Dominoeffekt, der die Gehälter in der gesamten Branche in die Höhe treibt.“