Sundair: Neues Design für den Ferienflieger
Die 2016 aus der Taufe gehobene Ferienfluggesellschaft Sundair, an der der Reiseveranstalter Schauinsland mehrheitlich beteiligt ist, blickt mit neuem Außenauftritt optimistisch nach vorn. Ein Airline-Porträt!
Freitag, 24. Mai 2024, 13.52 Uhr, Runway 07R des Hauptstadtflughafens BER: Die erste Sundair-A320 in neuer Bemalung ist gelandet. Knapp zwei Stunden zuvor war das Flugzeug im italienischen Neapel gestartet, wo die Firma Atitech im Zuge des Sechs-Jahre-Checks das Flugzeug auch gleich mit einem neuen Design versehen hatte. Auf dem Seitenleitwerk prangt nun in leuchtendem Gelb das neue Logo: eine aus zwei Händen geformte Sonne. Sie soll die Zusammengehörigkeit und die gemeinsame Zukunft der beiden Unternehmen Sundair und dem Reiseveranstalter Schauinsland symbolisieren.
Die zweihändige Sonne zieht als fester Bestandteil des neuen Corporate Designs auch in alle anderen Unternehmensbereiche der Airline ein – vom Briefpapier bis zur Crew-Uniform. Auf dass bei Sundair überall rund um die Uhr die Sonne strahle!
Sundair: Zufriedene Mitarbeiter wichtig für die Airline
Der mittelständische Ferienflieger Sundair mit Sitz in Stralsund ist noch keine zehn Jahre alt und noch voll im Wachstum begriffen. Wie lief das Geschäftsjahr 2023? „Wir hätten uns mehr gewünscht, aber wir sind zufrieden“, fasst der CEO Marcos Rossello zusammen. Die größte Herausforderung seien die Kostensteigerungen in allen Bereichen gewesen – Treibstoff, Flughafengebühren, Ground Handling, Versicherungen, CO2- Zertifikate. „Und die Gehälter sind gestiegen“, ergänzt Rossello. „Die Mitarbeiter müssen vernünftig bezahlt werden. Schließlich wollen wir zufriedene Beschäftigte.“
Die Ticketpreise zu erhöhen, wenn die Kosten steigen, sei nicht immer das Mittel der Wahl, denn wenn die Preise zu sehr steigen, sinke die Auslastung. Sind die Tickets zu teuer, verkneift sich mancher Urlauber die Ferienreise im Flugzeug. „Das muss man sehr gut ausbalancieren“, betont der Sundair-Geschäftsführer, „aber das ist uns gelungen. Wir sind mit Auslastung und Preisen zufrieden.“ Dennoch gebe es immer mal wieder unliebsame Überraschungen. „Wenn irgendein Dienstleister plötzlich die Gebühren erhöht, haben wir das nicht eingeplant und müssen es von unserer Marge nehmen. Das ist unangenehm, wenn es öfter passiert“, so Rossello.
Schauinsland mit Anteilen an Sundair
2016 hat Marcos Rossello Sundair gegründet. Er war bis dahin viele Jahre Geschäftsführer des Berliner Informatikunternehmens Air41, das vor allem Lösungen für Airlines anbot, kannte sich in der Branche bestens aus. Er hat damals erkannt, dass die Größe des deutschen Ferienflugmarkts und dessen Struktur auf der Angebots- und Nachfrageseite einen guten Zeitpunkt darstellt, unternehmerisch aktiv zu werden. Das sah das Touristikunter- nehmen Schauinsland genauso und übernahm 50 Prozent der Sundair-Anteile.
Der mittelständische Reiseveranstalter hat seinen Sitz in Duisburg. 1918 wurde es als Transportunternehmen gegründet und war mit Reisebussen unterwegs. 1959 eröffnete das erste Reisebüro dieses Namens. Schauinsland bietet heute unter anderem Reisen zu den Kanaren, auf die Balearen, nach Griechenland, in die Türkei, nach Tunesien, Ägypten, in die Karibik und den Orient sowie nach Asien. In der Coronazeit zog sich Schauinsland zurück, ist aber im vergangenen Jahr als Mehrheitsanteilseigner wiedereingestiegen.
Die Arbeitsteilung sieht so aus: Schauinsland übernimmt den Vertrieb, verkauft die Sitzplätze an Reiseveranstalter und sorgt dafür, dass die Flugzeuge ausgelastet sind. Sundair und die kroatische Schwestergesellschaft Fly Air41 sind fürs Operative zuständig. Sie stellen die Flugzeuge zur Verfügung. 180 Beschäftigte sind für Sundair tätig, 280 stehen bei Fly Air41 auf der Gehaltsliste. Die Flotte umfasst neun Flugzeuge – vier A319 und fünf A320. Davon sind zwei A320 dauerhaft an Condor verleast und fliegen ab Düsseldorf.
Zu welchen Zielen geht es mit Sundair?
Marcos Rossello hat 2021 Fly Air41 aus der Taufe gehoben, weil während der Corona-Pandemie viel Flugpersonal in andere Branchen abgewandert ist und so Personalmangel in Cockpit, Kabine und Wartungshalle entstanden war. Bei der kroatischen Tochtergesellschaft Fly Air41 stand dagegen ausreichend Personal zur Verfügung – Pi- loten, Flugbegleiter und Wartungsteams. Gerade der Mangel an Maintenance-Personal sei ein immer größer werdendes Problem für Fluggesellschaften, größer noch als der Mangel an Piloten, sagt Rossello. Darum sei es ein guter Schachzug gewesen, die fehlenden Kapazitäten aus Kroatien zu holen, blickt der Manager zufrieden zurück.
Die kleine Sundair-Flotte startet von diversen kleineren Flughäfen zu den Ferienzielen im Mittelmeerraum, auf die Kanaren, die Balearen und zum Roten Meer sowie nach Bulgarien. Abflug ist von Berlin, Bremen, Dresden, Düsseldorf, Erfurt, Kassel, Leipzig/ Halle und Lübeck.
Seit April dieses Jahres hat Sundair seinen Winterflugplan erweitert und wird eine A319 in Münster-Osnabrück stationieren. Ab November werden von diesem Standort Flüge auf die Kanaren und ins ägyptische Hurghada starten. Sundair-CEO Rossello lobt den neuen Partner-Flughafen für „guten Service vor allem durch kurze Wege“, und Flughafen-Chef Dr. Rainer Schwarz freut sich, im Winter mit Sundair eine neue Airline im Angebot zu haben. So könne das ganzjährige touristische Angebot gesichert werden.
Sundair: Mit kleinen Maschinen von kleinen Flughäfen aus
Bei Sundair werden grundsätzlich 90 Prozent der Kapazitäten im Veranstalter-Geschäft gebucht, nur zehn Prozent gehen in den Einzelplatzverkauf. Der Carrier hat als Nischengesellschaft einen Teil der Lücke ausgeglichen, die 2019 durch die Insolvenz von Germania entstanden ist. Germania hatte seinerzeit immerhin 30 Flugzeuge betrieben. Mit einer relativ kleinen Flotte von neun Flugzeugen von vielen kleinen Flughäfen aus zu fliegen, ist für Sundair eine Herausforderung, aber es funktioniert. „Wir sind mit Auslastung und Preisen zufrieden“, resümiert Rossello. Sundair geht auf die Strecken, auf denen sich der Einsatz großer Flugzeuge nicht lohnt. Partner Schauinsland arbeitet mit allen großen Reiseveranstaltern zusammen und garantiert die Auslastung fürs ganze Jahr.
„Das funktioniert gut, und es gibt uns Sicherheit“, freut sich der Sundair-CEO, „denn ohne die Garantien der Veranstalter könnten wir den Betrieb nicht aufrecht erhalten.“ Zum Glück buchen deutsche Urlauber gern über Veranstalter. Und die Reisebranche profitiert vom demografischen Wandel. Gerade ältere Menschen erweisen sich als reiselustig. Sie haben Zeit und oft auch das nötige Geld. Und sie buchen bei Reiseunternehmen, weil sie die Sicherheit zu schätzen wissen, die ein großer Veranstalter garantiert.
Bietet sich bei so viel Reisefreude nicht eine Erweiterung der Flotte an? „Wir würden bei Sundair sehr gern wachsen, aber das gibt der Markt derzeit nicht her“, sagt Rossello, „zumal es zurzeit weder Flugzeuge noch Personal gibt.“ Somit sei jetzt nicht die Zeit, ernsthaft darüber nachzudenken. Neue Flugzeuge hätten derzeit sehr lange Lieferzeiten. Dazu müssen gegenwärtig Hunderte von Maschinen aufgrund von A320neo-Triebwerksproblemen am Boden bleiben. Die Situation der PW1000G-Triebwerke werde sich in diesem und sicher auch im kommenden Jahr nicht ändern.
„Flugzeuge sind nicht auf dem Markt oder müssten teuer geleast werden“, fasst Rossello zusammen, „das ist keine Option.“ Immerhin sei Sundair zum Glück von den Triebwerksproblemen nicht betroffen.
Somit blickt die kleine flexible Fluggesellschaft durchaus optimistisch in die Zukunft. Und im vergangenen Jahr hat Marcos Rossello wieder eingekauft. Kein neues Flugzeug, auch keine kleine Konkurrentin. Vielmehr erwarb er einen Namen: „Air Berlin“. Die Airline hatte am 27. Oktober 2017 ihren letzten Flug absolviert. Jetzt gehören Rossello die Rechte der Firma Airberlin Luftverkehrsgesellschaft. Was damit passieren soll, steht noch nicht fest. „Es gibt da so einige Ideen, alles ist möglich.“ Was das sein kann? Rossello zuckt die Achseln. „Warten wir’s ab.“ Sundair umzubenennen, sei aber keine Option. „Sundair ist inzwischen auch ein eingeführter und wertvoller Name.“ Der sich übrigens von Stralsund ableitet, wo die Airline zuhause ist.
Text: Sigrid Andersen