Lufthansa will pünktlicher werden
Lufthansa wird in diesem Jahr rund 200 Millionen Euro in die Hand nehmen, um den Flugbetrieb zu stabilisieren. Welche Maßnahmen sind im Einzelnen vorgesehen?
Lufthansa hatte diese Woche nach München eingeladen – und das nicht nur, um der geballten Medienschar den jüngsten Flottenzugang zu präsentieren: Blitzblank geputzt und gerade erst von den Behörden freigegeben, stand die A350-900 namens „Solingen“ im Hangar im Erdinger Moos im Rampenlicht. Das Flugzeug mit der Registrierung D-AIXZ ist mit der neuen Allegris-Kabine inklusive First Class ausgestattet – ein Produkt, von dem sich der CEO der Lufthansa Airlines, Jens Ritter, viel erhofft.
Doch nicht nur in Sachen Premium-Produkt strebt Europas größter Airline-Konzern nach Wettbewerbsfähigkeit. Es gilt auch, operationell Standards zu setzen. Denn gerade in München, wo Lufthansa immerhin 37 Langstreckenflugzeuge stationiert hat, häuften sich im vergangenen Jahr ein ums andere Mal Probleme bei der Abfertigung, es kam zu Verspätungen, wenn nicht sogar zu Flugausfällen.
„Neben dem Schneechaos im vergangenen Winter 2023/24 haben uns und unsere Systempartner die Probleme aufgrund enormer Belastungsspitzen im Sommer vor enorme Herausforderungen gestellt“, gesteht Ritter rückblickend ein. Grund genug für die Airline, alles zu unternehmen, um Pünktlichkeit und operationelle Qualität wieder zu gewährleisten.
Erhöht Lufthansa den Personalbestand in München?
Erste Maßnahme: Lufthansa-Airlines-CEO Ritter ist nun zusätzlich auch für den Hub München verantwortlich. Er weiß um die Notwenigkeit, ausreichend qualifiziertes und motiviertes Personal zu beschäftigen. Und die ersten Haken konnte er auf der Agenda bereits setzen: Lufthansa Airlines hat den Personalstand in München gegenüber 2024 um 22 Prozent erhöht und sieht sich gut für den kommenden Sommer gerüstet. Zudem wird massiv in die Weiterentwicklung der Mitarbeiter investiert, die nun mehrfach qualifiziert sind und in verschiedenen Rollen eingesetzt werden können.
Um für den Sommer gerüstet zu sein und die Pünktlichkeit zu gewährleisten, hat Lufthansa die Umsteigezeiten in München um zehn Minuten erhöht – wohlwissend, dass dies für den zeitkritischen Wettbewerb unter den führenden Hubs nachteilig sein kann. Aber die konkurrierenden Drehscheiben haben dieselben Probleme wie die Münchner.
Bodenzeiten der Flugzeuge in München steigen
Die Bodenzeiten der Flugzeuge in München steigen pro Maschine um zehn Minuten, um mehr Zeit zum Reinigen, Betanken beziehungsweise Be-und Entladen zu haben. „Wir passen die Zeiten bei den besonders zeitkritischen Flügen sogar um bis zu 30 Minuten an, damit Passagiere pünktlich an ihr Ziel kommen“, so der CEO weiter.
Der letzte Langstreckenflug des Tages startet ab dem bayrischen Drehkreuz bereits um 22.20 Uhr, damit genügend Zeitpuffer bis zum Inkrafttreten der Nachtflugbeschränkung besteht. In der sogenannten Kernzeit (von 0 bis 5 Uhr) sind in München generell nur Nachtluftpost- und Vermessungsflüge der Deutschen Flugsicherung zugelassen. Ausnahmen bilden lediglich Not- und Hilfeleistungsflüge oder Landungen aus Flugsicherheitsgründen.
Der Check-in-Bereich der Lufthansa im Münchener Terminal 2 wurde um 30 Prozent erweitert. Die Gepäckanlage ist jetzt um 22 Prozent größer. Die Kapazitäten der Sicherheitskontrollen wurden um 30 Prozent aufgestockt.
Wie viele A380 hat Lufthansa wieder aktiviert?
Im Februar wird darüber hinaus die achte A380, die „Mike Alpha“, in München erwartet. Im Sommerflugplan werden die Riesenairbusse nach Los Angeles, New York, Boston, Washington, Delhi und erstmals auch nach Denver eingesetzt. Von den acht A380 sollen sechs im Liniendienst stehen. Um die Stabilität des Flugbetriebs zu gewährleisten, sind zwei A380 als Reserve vorgesehen.
Zudem stehen aktuell 30 A350 in der Lufthansa-Flotte, ein weiterer Airbus dieses Typs soll im Laufe des Jahres folgen. Bislang war diese Teilflotte ausschließlich in München stationiert, jetzt hingegen sollen sechs A350 aus München vorübergehend nach Frankfurt verlegt werden, denn dort fehlen massiv moderne Flugzeuge aufgrund der bekannten Lieferschwierigkeiten von Boeing. „Die älteren Bestandsflotten sind extrem wartungsintensiv, jedes fünfte Flugzeug wird als Reserve vorgehalten, was die Flugzeugkapazität weiter verknappt“, umreißt Ritter die Probleme mit den älteren Modellen.
Und: Lufthansa bleibe hartnäckig, um von Boeing jene 787 zu erhalten, die mittlerweile fertiglackiert und mit dem Allegris-Produkt ausgestattet sind, aber auf dem Vorfeld in Charleston stehen. Diese Dreamliner möchte Lufthansa zunächst mit geblockten Business-Class-Sitzen einsetzen, deren Zertifizierung noch aussteht, aber nachgeholt werden könne. Somit gewinne man zusätzliche Kapazität.
Was sind die Ziele der Lufthansa?
„Wir wollen Lufthansa zu einer Premium-Airline-Marke entwickeln“, betont Ritter. Außerdem gelte es, die Profitabilität zu verbessern. Trotz positiver Entwicklungen in den vergangenen Monaten sei Lufthansa derzeit noch nicht auf dem gewünschten Stand. „Deswegen wurde das Projekt Turnaround initiiert“, so Ritter. „Wir müssen die Qualität sowie die Effizienz steigern und die Komplexität im Lufthansa-Airline-System abbauen.“
Im Fokus stehen unter anderem die kommerziellen Aktivitäten, die klare Ausrichtung und Aufstellung der Flugbetriebe und die Flotten und die Modernisierung des Betriebs. „Wir investieren weiterhin konsequent in das Produkt und das Kundenerlebnis. Von derzeit sieben Flugbetrieben unter dem Dach der Lufthansa Airlines wollen wir uns auf drei Flugbetriebe fokussieren: Lufthansa Classic, Lufthansa City Airlines und Discover Airlines. Dazu kommt ein strategischer Wetlease-Partner“, so Ritter
Der Flugbetrieb der Lufthansa CityLine wird eingestellt, stattdessen soll City Airlines maximal wachsen, um einen profitablen Kurzstrecken- und Zubringerverkehr zu sichern und Perspektiven für die derzeitigen CityLine-Crews zu bieten. Auch die Wachstumspläne der Lufthansa Airlines werden gestutzt. In diesem Jahr wird die Airline mit rund 90 Prozent Kapazität zum Vergleich zu 2019 unterwegs sein. Das entspricht einer 3,5-prozentigen Steigerung zu 2024, also lediglich einem moderaten Wachstum.