AIX & WTCE in Hamburg: Wie die Zukunft der Luftfahrt aussieht
Neue Sitze, kopfhörerlose Soundsysteme, innovative Flugzeugkabinen – Wir geben einen kleinen Überblick, welche Neuheiten auf der AIX und WTCE präsentiert werden. Auch stehen die Sieger des Crystal Cabin Awards 2022 fest.
Los geht’s! Seit Dienstag, 14. Juni, haben gleich zwei Messen in Hamburg eröffnet: Während sich die AIX zur global führenden Messe für die Kabineneinrichtung von Verkehrsflugzeugen sowie Business Jets entwickelt hat, ist die WTCE dies für den Luftfahrt-Catering-Sektor. Somit sind sämtliche Bereiche rund um den Passagierservice an Bord von Flugzeugen – vom Kabinen- und Sitzerlebnis bis hin zum Bordservice an den drei Messetagen beim Rundgang durch die Hallen zu entdecken.
Die Hamburg Messe rechnet mit 250 Ausstellern, die sich auf der Catering-Fachmesse präsentieren, davon 100 Firmen, die in diesem Jahr ihre WTCE-Premiere feiern. Die AIX hingegen soll mit rund 600 Ausstellern, darunter neben den Branchengrößen auch zahlreiche Mittelständler, an den Erfolg der Vorjahre nahtlos anknüpfen.
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Gewinner des Crystal Cabin Awards 2022 stehen fest
Nach drei langen Jahren konnten die Crystal Cabin Awards 2022 wieder persönlich verliehen und an die Gewinner übergeben werden. Unter den 24 Ideen, die in acht Kategorien als Finalisten ausgewählt wurden, waren viele innovative Konzepte und Produkte. Nun hat eine Jury aus Branchenexperten am Tag vor der AIX in Hamburg acht Gewinner ausgewählt. Die Sieger in den Sektoren Cabin Concepts, Cabin Systems, Health and Safety, Passenger Comfort, IFEC & Digital Devices, Materials & Components, Sustainable Cabin und University wurden im Rahmen eines festlichen Gala-Dinners am Dienstagabend bekannt gegeben. Das sind die Sieger: Teague/NORDAM, Caeli Nova, Safran Cabin, Collins Aerospace, Anuvu/Southwest Airlines, Thales Avionics, Diab und Ken Kirtland.
Und das ist einer der Gewinner: Gleich eine ganze virtuelle Fluggesellschaft schickte Ken Kirtland vom College of Design der amerikanischen Hochschule Georgia Tech mit „Portal“ an den Start. Er hat Flugzeuge für einen elektrischen Kurzstreckenflugdienst entworfen, der das Reiseerlebnis wesentlich verbessern soll. Durch einen Elektroantrieb sollen nicht nur die Betriebskosten und der ökologische Fingerabdruck, sondern auch die Flughöhe der Maschinen sinken.
Bestes Kabinenkonzept: „Elevate“ von Teague und Nordam
Die Portal-Flugzeuge verfügen über keine Druckkabine, was den Einbau von großen Fenstern in einem nicht zylindrischen Rumpf ermöglicht. So soll für jeden Passagier „ein hervorragendes Flugerlebnis mit Panoramablick“ gewährleistet sein, erklärt Kirtland. Das Konzept sieht vor, dass die erdachte Fluggesellschaft „mehr als 19000 stillgelegte lokale Flughäfen in den Vereinigten Staaten“ nutzt und so große Airports mit ihren langen Sicherheitswartezeiten vermeidet.
Der Sieger in der Kategorie Kabinenkonzept: Teague und Nordam „Elevate“. Das optisch ansprechende Design verwendet schwebende Möbel, die an Wandstreben befestigt sind, um ein freieres, organischeres und eindringlicheres Gefühl zu vermitteln als vergleichbare Premium-Unterkunftskonzepte für Single-Aisle-Flugzeuge. Der Hauptantrieb hinter dem Ansatz war, den Passagieren von Schmalrumpfflugzeugen die Privatsphäre und Exklusivität des Großraum-Premium-Erlebnisses zu bieten. Die Herausforderung: Premium-Passagieren in Single-Aisle-Kabinen ein echtes Raumgefühl zu vermitteln und gleichzeitig den Fluggesellschaften die gleiche Sitzplatzkapazität zu bieten. Weitere Merkmale des Elevate-Konzepts sind ein geringeres Gewicht, was zu einem geringeren Kraftstoffverbrauch führt, sowie einfachere Komponenten, die leichter zu warten sind.
Erste Airline setzt auf neues Fußbodenheizungssystem HeatNow von Lufthansa Technik
Condor und Lufthansa Technik haben einen Vertrag über den Einbau des neu entwickelten HeatNow-Fußbodenheizungssystems von Lufthansa Technik in die A320-Flugzeugflotte unterzeichnet. In Flugzeugen sind kalte Bereiche immer wieder ein Problem: Während die Passagierkabine bei Außentemperaturen von -52 Grad zonenweise auf angenehme Temperaturen geregelt wird, kann es in den Bordküchen, vor allem in den unteren Türbereichen, während eines Fluges bis zu -10 Grad kalt werden. Diese Bedingungen sind nicht nur für die Besatzungsmitglieder unangehmen. Aus dem möglichen Einfrieren können sich weitere Probleme ergeben. In Situationen, in denen ein Flugzeug in sehr kalten Witterungsbedingungen eingesetzt ist, sammelt sich durch die Temperaturunterschiede Kondensat an der Türdichtung und an mechanischen Teilen, gefriert dort und kann dazu führen, dass sich die Türen unter Vereisungsbedingungen am Boden nicht mehr leicht öffnen lassen.
Das Heizungsystem HeatNow verhindert die Bildung von kalten Bereichen im Flugzeug. Das Heizkissen besteht aus einer Heizschicht zwischen zwei zusätzlichen Schutzschichten. Angeschlossen an den Bordstrom wirkt die elektrisch leitende Schicht als Widerstand und erwärmt sich selbstregulierend. Die Leistung kann bei Bedarf in verschiedenen Stufen reguliert werden. HeatNow bietet so eine gleichmäßige und homogene Beheizung der Fußbodenbereiche. Laut Lufthansa Technik haben herkömmliche Lösungen, wie z.B. standardmäßig beheizte Fußbodenpanels, nicht nur konstruktionsbedingt hohe Ausfallraten, sie sind auch teuer und weniger effizient, da sie teils nur mit großem Aufwand repariert werden können. Das ultra-dünne und leichte HeatNow-System kann einfach und flexibel auf fast allen gewünschten Bodenplatten, in Bordküchen oder Sitzbereichen, eingebaut werden. HeatNow ist EASA-zertifiziert für die Airbus A320- und Boeing 737- Flugzeugfamilie. Die Zulassung kann problemlos auf andere Flugzeugmuster erweitert werden.
FACC präsentiert Flugzeugkabine der Zukunft
FACC zeigt auf der AIX in Hambug erstmals das neue Flugzeugkabinenkonzept Bios Future Cabin. Laut Hersteller stehen bei diesem Konzept die Bedürfnisse des Passagiers im Vordergrund. Die verwendeten Materialen der Hightech-Kabine bestehen aus nachwachsenden Rohstoffen. Durch ein neues Hygienekonzept soll die Kabine der Zukunft zu einem proaktiven Viren- und Baktierienprävention beitragen. Ein weiteres Highlight: Mit großflächigen Bildschirmen wird zudem eiinn multimediales Erlebnis ermöglicht: Die gesamte Rückenlehne wird zum Bildschirm, der sich auf Wunsch mit dem eigenen Device verbindet und auch Smartphone-Apps von Drittanbietern abspielen kann. Über ein eigenes Control Centre kann jeder Passagier die Belüftung steuern oder Designelemente individuell anpassen.
Safran Seats stellt kopfhörerloses Soundsystem vor
Safran präsentiert auf der AIX in Hamburg erstmals ein neues kopfhörerloses Soundsystem namens Euphony. Die in den Kopfstützen integrierten Lautsprecher machen Kabel und Kopfhörer an Bord überflüssig. Die neue Soundlösung für die Flugzeugkabine des franszösischen Flugzeugsitzherstellers Safran Seats ist in Zusammenarbeit mit dem französischen Akustikunternehmen Devialet entwickelt worden. Euphony nutzt zwei patentierte DEvialet-Lautsprecher, die in die seitlichen Teile der Kopfstüzen von First- und Business-Class-Sitzen integriert sind. Es soll auch schon einen Erstkunden geben, allerdings will Safran Seats dazu noch keine näheren Angaben machen.
Einige der Nominierten: Neues Konzept für die Mitnahme eines Rollstuhlfahrers
Die eingereichten Konzepte befassen sich mit der Gestaltung von Innenräumen sowie Kabinen- und Frachtsystemen, die dem Komfort und der Flugsicherheit zu Gute kommen. Den Reisekomfort steigernde Innovationen, weiterentwickelte Systeme für einen schnelleren Internetzugang an Bord, neue Materialien für eine Verbesserung des Kabinenerlebnisses und nachhaltige Werkstoffe, die dabei helfen den ökologischen Fußabdruck der Luftfahrt zu verringern, sind weitere Highlights.
Aus diesen anwendungsorientierten Konzepten stechen die fantasievollen Ideen in der Kategorie „University“ hervor. So zum Beispiel die „Fly Your Wheels Suite“. Sie ist ein „von den Zulassungsbehörden zertifizierbares Installationskonzept“, das es Passagieren mit erheblichen Behinderungen ermöglicht, mit ihren eigenen WC19-Rollstühlen in der Kabine zu reisen. Fluggesellschaften entstehen durch die Mitnahme eines Rollstuhlfahrers keine finanziellen Einbußen, da keine Sitzplätze blockiert werden. Vielmehr wird ein Servicemodul im vorderen Rumpfbereich so modifiziert, dass es eine sichere, interaktive und geräumige Suite für Passagiere im Rollstuhl bietet, und gleichzeitig die Einhaltung der geltenden FAA-Vorschriften gewährleistet. „Fly Your Wheels Suite“ wurde vom National Institute for Aviation Research der Wichita State University in Zusammenarbeit mit dem Industriepartnern Collins Aerospace und Q‘Straint entwickelt.
Text: Wolfgang Borgmann, Isabella Sauer