CDU/CSU und SPD wollen laut Koalitionsvertrag den Luftverkehr entlasten. Verbände werten die formulierten Maßnahmen allerdings nur als einen ersten Schritt auf dem richtigen Weg. Die Details.

Seit gestern liegt er also vor: der Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode, den die Union und die SPD in den vergangenen Wochen ausgearbeitet haben. Mehr als 140 Seiten füllen das umfangreiche Werk, das in den kommenden Tagen allerdings noch von allen Sozialdemokraten per Mitgliederentscheid sowie den Gremien von CDU und CSU abgesegnet werden muss.

Unter der Überschrift „Verantwortung für Deutschland“ sind wenige Absätze dem Luftverkehr vorbehalten, der in der jüngeren Vergangenheit in Deutschland gelitten hat wie in kaum einem anderen europäischen Land. Grund genug, einmal auf die Kernaussagen, die künftigen Leitplanken der vermutlich kommenden Regierung zu schauen – und dabei immer nach klar definierten Vorgaben beziehungsweise vorsichtig formulierten Wünschen zu unterscheiden.

Koalitionsvertrag: Was sind die Ziele?

Gleich auf Seite acht versichern die Verhandlungspartner, dass es ihr Ziel sei, „die Modernisierung in der Luftfahrtindustrie und des Luftverkehrs in Richtung fairer Wettbewerb und Dekarbonisierung zu gestalten“. Die Koalition setze sich zur Unterstützung des Wirtschaftswachstums dafür ein, die internationale Konnektivität deutscher Flughäfen zu verbessern.

„Die über das europarechtlich Notwendige hinausgehende Power-to-Liquid-Quote schaffen wir noch im Jahr 2025 ab“, heißt es dagegen anschließend konkret. Mit geeigneten Instrumenten wolle man darüber hinaus dafür sorgen, dass europäische Fluggesellschaften bei der Sustainable-Aviation-Fuel-Quote nicht schlechter gestellt werden als außereuropäische.

Und: „Wir werden bis Ende des Jahres eine Strategie entwickeln, die die Fragen der zivilen und militärischen Luftfahrtindustrie sowie die Stärkung des Luftverkehrsstandortes zusammendenkt, und werden diese in dieser Legislaturperiode umsetzen.“

Wird die Koalition die Luftverkehrsteuer abschaffen?

Unter dem Punkt „Tourismus“ wird versichert, dass Maßnahmen ergriffen werden, „um die Anbindung und Konnektivität der Reisedestination Deutschland zu sichern, unter anderem durch den Ausbau des Schienen- und Flugverkehrs“. Zudem ist es das feste Vorhaben der Koalition, die luftverkehrsspezifischen Steuern, Gebühren und Abgaben reduzieren zu wollen und die zum Mai 2024 erfolgte Erhöhung der Luftverkehrsteuer zurückzunehmen. Und auch die Regionalflughäfen können insofern aufatmen, als dass die künftige Regierung sie in Sachen Flugsicherungskosten weiterhin unterstützen wird.

Was sagen die Flughäfen zum Koalitionspapier?

Aletta von Massenbach, Präsidentin des Flughafenverbandes ADV, sieht es wie die Koalition: „Die deutsche Luftverkehrswirtschaft steht in den kommenden Jahren vor gewaltigen Herausforderungen.“ Und mit den Koalitionsvereinbarungen „werden erste Schritte zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandorts Deutschland möglich“.

Die angekündigte Rücknahme der Erhöhung der Luftverkehrsteuer aus dem Jahr 2024 sei ebenfalls „ein erster und dringlicher Schritt in die richtige Richtung zur Absenkung der staatlichen Belastungen durch Steuern und Gebühren“.

Besonders positiv bewertet der ADV zudem die Entscheidung, die über das europarechtlich notwendige Maß hinausgehende Power-to-Liquid-Quote noch in diesem Jahr abzuschaffen. „Dies schafft Planungssicherheit und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luftfahrt“, so von Massenbach.

Darüber hinaus werde die ADV die angekündigte Entwicklung einer umfassenden Strategie, die zivile und militärische Luftfahrtindustrie sowie die Stärkung des Luftverkehrsstandorts Deutschland miteinander verbindet, unterstützen.

Wie bewerten die Airlines den Koalitionsvertrag?

Für den Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) markiere der Koalitionsvertrag eine wichtige Weichenstellung für den Luftverkehrsstandort Deutschland, betont Geschäftsführer Michael Engel. Die Rücknahme der Luftverkehrsteuererhöhung sende ein wichtiges Signal an die Branche. „Doch um wirklich effektive Wachstumsimpulse für die Luftfahrt zu setzen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auf europäischer Ebene zu sichern, bedarf es weitergehender Maßnahmen. Nur mit einer spürbaren Reduzierung der staatlichen Standortkosten und einer echten Entlastung der Luftfahrtunternehmen können wir langfristig den Luftverkehr stärken und die Position Deutschlands als attraktives Luftverkehrsdrehkreuz sichern.“

Zudem begrüßt der BDF die angestrebte Modernisierung in der Luftfahrtindustrie und des Luftverkehrs im Sinne der Dekarbonisierung und des fairen Wettbewerbs. „Jetzt kommt es darauf an, die angekündigten Vorhaben zügig und ambitioniert umzusetzen. Der Luftverkehr ist Rückgrat der deutschen Exportwirtschaft, fördert den Tourismus und verbindet Menschen weltweit. Nur durch verlässliche und wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen kann der Luftverkehr in Deutschland wieder durchstarten“, sagt Engel.