Fuji Dream Airlines: Boom wegen bunter Lackierungen
Die farbenfrohe Embraer-Flotte der Regionalfluggesellschaft in Japan fällt auf: Es existiert inzwischen eine wahre Fangemeinde, die mit jedem einzelnen der bunten Flugzeuge geflogen sein möchte.
Fuji-san, der höchste und schönste Berg in Japan, hat nicht nur ästhetische, sondern auch eine symbolische und spirituelle Bedeutung: Der ebenmäßig geformte Vulkan gilt als Heiliger Ort, sowohl im Shintoismus als auch im Buddhismus, den beiden Hauptreligionen im Land der Aufgehenden Sonne. Und er lässt jene ambitionierte Fluggesellschaft träumen, die am Fuße des Berges ihren Sitz hat und die die Regionen im Land auf dem Luftweg miteinander verbindet: Fuji Dream Airlines, kurz FDA genannt.
Fuji Dream Airlines: Airline war zweiter Embraer-Kunde
An dem Flughafen von Shizuoka ist die Flotte der Embraers der japanischen Regionalfluggesellschaft beheimatet, die im Juli 2009 den Flugbetrieb aufgenommen hat. Sie ist ein Kind des Logistikkonzerns Suzuyo, der sich mit der Lagerung und dem Umschlag von Waren und Gütern in Lagerhäusern und Häfen beschäftigt und speziell auch für den Zement- und Mehltransport bekannt ist. Neben ihrer Heimatbasis betreibt die Fluggesellschaft auch kleine Drehkreuze in Nagoya und Kobe.
Der Aufbau der FDA-Flotte begann bereits 2007 mit der Unterschrift des Mutterkonzerns unter einem Kaufvertrag mit dem brasilianischen Hersteller Embraer über zwei Embraer 170 sowie der Option für den Kauf eines weiteren Jets. Der Auftragswert wurde auf umgerechnet 87 Millionen US-Dollar geschätzt. Der Carrier war erst der zweite Embraer-Kunde in Japan und der Auftrag für den Flugzeugproduzenten entsprechend wichtig. FDA folgte damit der J-Air.
Im Jahr 2008 erhielt Embraer vom Japan Civil Aviation Bureau (JCAB), der staatlichen Behörde für den zivilen Luftverkehr, die Musterzulassung für den Betrieb der Embraer 170 in Japan. Und der Jet wurde von den Kunden von Beginn an sehr gut angenommen. Fuji Dream Airlines expandierte schnell. Schon im Folgejahr wurde der Vertrag dahingehend geändert, dass die aufstrebende Fluggesellschaft die größere Embraer 175 erwerben konnte.
Fuji Dream Airlines: Nein zu Hubs
Der Flugbetrieb von FDA begann zunächst mit zwei täglichen Flügen nach Komatsu und je einem Flug nach Kagoshima und Kumamoto von der Heimatbasis aus. Bald nahm die Fluggesellschaft zusätzlich drei tägliche Dienste zwischen dem Flughafen Matsumoto und Fukuoka und einen täglichen Flug nach Sapporo-Chitose auf, dem Großflughafen auf der Nordinsel Hokkaido. FDA war dabei im Auftrag der Japan Airlines (JAL) im Rahmen eines Codeshare-Abkommens unterwegs.
Als FDA weitere neue Flugzeuge erhielt, konnte auch das Streckennetz ausgebaut werden. Zunächst führten die Flüge von Shizuoka nach Nagoya-Komaki, Fukuoka, Kumamoto, Sapporo, Aomori und Hanamaki. Bald folgten Niigata, Kōchi, Yamagata, Izumo und Kitakyushu.
Dann gelang der Airline ein Coup: In Sapporo und Nagoya, zwei der größten Städte im Land, blieben nach der Einweihung der beiden neuen Großflughäfen die alten Innenstadt-Airports im Betrieb, und FDA witterte darin ihre Chance. Auch wenn die neuen Drehkreuze wie der Chubu Airport, der auf einer künstlichen Insel bei Nagoya ins Meer hinein gebaut wurde, moderner erschienen, boten die Bestandsflughäfen einen für manche Geschäftsreisen unschlagbaren Vorteil: kurze Wege zum und im Flughafen, was eine relevante Zeitersparnis bei Inlands-Reisen bedeuten kann. FDA erweckte die beiden alten Standorte zu neuem Leben: den Okadama Airport auf der Nordinsel und Komaki im Zentrum der Großstadt Nagoya, die als Herz der japanischen Automobilindustrie gilt. Mit den inzwischen auch bedienten Destinationen Sendai und Kobe konnte FDA zwei weitere ökonomisch potente mittelgroße Städte in ihr Portfolio aufnehmen. Die vier Großflughäfen in Tokio und Osaka meidet die Airline dagegen ebenso wie die Konkurrenz auf den Strecken zur beliebten Insel Okinawa.
Obwohl sich FDA mit ihrem Angebot überwiegend an eilige Geschäftsreisende wendet, ist sie eine reine Economy-Class-Airline. Auf den kurzen Flügen würde eine teure Business-Class wohl auch kaum gebucht werden. Der Service ist jedoch ausgezeichnet: Kostenlose Getränke und Snacks, großzügige Freigepäck- und Sitzplatz-Abstände sorgen für ein hohes Service-Niveau.
Reine Embraer-Flotte
Heute betreibt Fuji Dream Airlines insgesamt 15 Flugzeuge, darunter Embraer 170 mit 76 Sitzen und die größeren Embraer 175, in denen bereits 84 Passagiere Platz haben. Kaufinteresse wird der Fluggesellschaft darüber hinaus an der Embraer 190-E2 nachgesagt.
Ein Alleinstellungsmerkmal sind nicht nur die Routen zu Innenstadt-Flughäfen, sondern auch die verschiedenen Farben auf dem Rumpf, den Triebwerken und den Flügelspitzen der FDA-Flugzeuge. Der Name der Fluggesellschaft prangt in Weiß auf dem Rumpf. Jeder Jet hat ein anderes Farbschema, das Spektrum reicht von Rot, Grün, Gold bis Violett. Das Seitenleitwerk zeigt das Logo, das dem Fuji beim morgendlichen Sonnenaufgang ähneln soll und das Farbschema des jeweiligen Flugzeugs widerspiegelt. Nur der oberste gelbe Streifen im Logo erinnert an die Morgensonne.
Die 2018 eingeflottete Embraer 175 mit dem Kennzeichen JA12FJ ist allerdings eine Ausnahme. Der Jet verfügt über ein invertiertes Farbschema, das aus einem einfarbigen weißen Rumpf besteht, wobei die Wortmarke, das Logo, die Triebwerke und die Flügelspitzen der Fluggesellschaft in Rot lackiert sind.
Insgesamt gibt es elf verschiedene Farben, zuletzt kamen Blau und Grau hinzu. In Japan, einem Land, das für seine Sammelleidenschaft und Hobby-Kultur bekannt ist, gibt es Kunden, die wie ein Sammler in Fuji-Jets mit jeder Farbe einmal geflogen sein möchten.
Das Design erinnert dabei ein wenig an die Corporate Identity der Braniff International von 1964. Diese US-amerikanische Fluggesellschaft bleibt (nicht nur) wegen ihrer Gestaltung von Alexander Girard und dem Modedesigner Emilio Pucci in Erinnerung – sowohl in Airline- als auch in Design-affinen Kreisen. Damals waren Tickethüllen, Gepäckanhänger und Flugpläne in sieben Farben gestaltet. Fuji Dream Airlines folgt ihrem prominenten Vorbild aus den USA.
Zentrumsnähe als Vorteil
Der Okadama Airport ist bei Geschäftsleuten beliebt, weil er nur sieben Kilometer vom Stadtzentrum in Sapporo entfernt ist. Als Fuji Dream Airlines im Jahr 2013 einen regionalen Service von Okadama aus durchführte, war das der erste Jeteinsatz in der Geschichte des Flughafens. Der im Zweiten Weltkrieg als Militärflugplatz gebaute Airport war 1956 von North Japan Airlines erstmals im Linienverkehr angeflogen worden. All Nippon Airways bot Flüge von dem Stadtflughafen aus ab 1966 an und ersetzte später ihre YS-11 durch leisere Dash 8. Als die Stadt die Landebahn verlängern lassen wollte, wurde der Plan wegen Protesten der Anwohner aufgegeben. Erst 1998 stimmten die Anwohner einer Verlängerung der Piste im Austausch gegen eine Obergrenze von 44 täglichen Starts und Landungen zu. Ähnliches lässt sich über den Komaki Airport in Nagoya berichten, heute ein reiner Inlandsflughafen. Der internationale Hauptflughafen für Nagoya ist der Chubu Centrair Airport. Der Bestandsflughafen ist dagegen eines der Drehkreuze der FDA, die als einzige Fluggesellschaft Linienflüge vor Ort anbietet.
FDA beförderte im vergangenen Jahr auf knapp 33.000 Flügen rund 1,8 Millionen Passagiere. Derzeit stehen täglich rund 90 Flüge im Angebot. Mit diesen Kennwerten ist Fuji Dream Airlines ein mittelgroßer Player in der sehr vitalen japanischen Airline-Szene. Obwohl FDA zu Recht stolz darauf ist, keine bloße Marke, sondern eine autarke Fluggesellschaft zu sein, hat sie doch Beziehungen zu anderen Airlines: Der Mutter-Konzern von Fuji Dream Airlines hat 13 Prozent der Aktien der Fluggesellschaft Skymark gekauft und ist nun der größte Anteilseigner nach ANA, die 12,9 Prozent hält.
Im Gedächtnis bleibt die Airline bei ihren Kunden und in der Öffentlichkeit jedoch nicht zuletzt wegen des heiligen Fuji, den sie im Firmennamen trägt. Der Vulkan ist seit 2013 Weltkulturerbe-Stätte der UNESCO. Den „Fuji shinkō“ (oder „Fuji-Glauben“) gibt es dagegen bereits seit Jahrhunderten. Schon im Jahr 806 ordnete Kaiser Heizei an, einen Shintō-Schrein am Fuß des Berges zu bauen, und im zwölften Jahrhundert erbaute ein buddhistischer Priester am Kraterrand einen Tempel. Überall im Land wurden damals Fuji-Schauhügel angelegt. Bei klarer Sicht ist der Berg noch aus 100 Kilometern Entfernung selbst von Tokio aus zu sehen. Die bunten Jets, die vor der Silhouette des Berges auf- und absteigen, sind dabei ein Detail, das die Betrachtung aus der Nähe verdient.
Text: Ulf Meyer