Ende Juni hat ein Streik den Flughafen Genf-Cointrin für mehrere Stunden lahmgelegt. Dazu aufgerufen hatte die Gewerkschaft SSP.

Das gab es in der 104-jährigen Geschichte des Flughafens Genf noch nie: Am 30. Juni, kurz vor Ferienbeginn in einigen Schweizer Kantonen, hat ein Teil der Angestellten des zweitgrößten Landesflughafens die Arbeit niedergelegt. Die Flughafendirektion sah sich deshalb veranlasst, die Start- und Landebahn zwischen sechs und zehn Uhr morgens zu schließen. Erst um elf Uhr wurde sie wieder geöffnet, zu Verzögerungen und Verspätungen kam es aber bis zum Abend.

160 Flugausfälle: SWISS und EasyJet stark betroffen

Laut des Flughafensprechers Ignace Jeannerat fielen in dieser Zeit rund 160 Flüge aus. Allein Swiss musste insgesamt 21 Flüge streichen. Davon betroffen waren mehr als 2100 Passagiere. Auf anderen Flügen von und nach Genf kam es oft zu mehrstündigen Verspätungen. Zusätzlich musste ein Flug aus Wien, der am Freitagmorgen in Genf hätte landen sollen, nach Zürich umgeleitet werden. Platzhirsch EasyJet konnte etwa 20 Flüge nicht durchführen, wie der Chef von Easyjet Switzerland, Jean-Marc Thévenaz, auf Anfrage von AERO INTERNATIONAL erklärte.

Zum Streik aufgerufen hatte  die Gewerkschaft SSP (Syndicat des Services Publics), also der Verband des Personals öffentlicher Dienste, der sich gegen eine am Vortag getroffene Entscheidung des Verwaltungsrats zur Wehr setzte. Demnach wollte die Aufsichtsbehörde die automatische Lohnerhöhung von rund 240 Angestellten einfrieren und die Lohnunterschiede für ein und dieselbe Funktion im Zug der Abgänge und Neubesetzungen über einen Zeithorizont von mehr als 15 Jahren verringern. Dies, um „den Fortbestand des Flughafens Genf zu gewährleisten“, wie der Flughafen in einer Mitteilung schrieb.

Flughafen Genf erklärt Lohnpolitik

Hintergrund ist, so Airport- Direktor André Schneider, dass der Flughafen infolge der Pandemie stark verschuldet sei und das Verkehrswachstum seit 2017 deutlich nachgelassen habe. Auf Anraten der kantonalen Mediationsinstanz Chambre des Relations Collectives du Travail (CRCT) habe man der Gewerkschaft und den Mitarbeitenden ein einmonatiges Konsultationsverfahren angeboten, in dessen Verlauf sie sich zur neuen Lohnpolitik hätten äußern können.

Weitere Streiks am Flughafen Genf konnten verhindert werden

„Leider hat dies zu keinem positiven Resultat geführt.“ Im Verlauf des Streiktages entschärfte sich die Situation vor Ort dank der Intervention eines Mitglieds der Genfer Kantonsregierung aber plötzlich. So gelang es Nathalie Fontanet, Vorsteherin des Finanzdepartements und des Personals, die Streithähne an einen Tisch zu bringen. Die dabei ausgehandelte Vereinbarung zwischen der Flughafendirektion, den Gewerkschaften und dem Kanton als Besitzer des Flughafens sieht vor, dass die Lohnreform auf den 1. Januar 2025 verschoben wird.

Die Beteiligten müssen sich aber bis zu jenem Zeitpunkt über die Modalitäten der Umsetzung einigen. Damit dies gelingt, soll sich bis zum 15. September eine paritätisch zusammengesetzte und durch einen unabhängigen Mediator begleitete Kommission konstituieren. Schließlich beendete die Gewerkschaft ihren Streik und wird auch während der Verhandlungen auf Streiks verzichten. Beide Seiten zeigten sich zufrieden mit dem in letzter Minute erreichten Abkommen. Sonst wäre der Streik weitergegangen.

Text: Thomas Strässle