EBACE 2024: Messe mit Angebotslücke

Heute startet die EBACE 2024 in Genf. Die Messe wird ohne die Schwergewichte Bombardier und Gulfstream stattfinden. Dennoch ist mit einem großen Angebot an Maschinen der Business Aviation zu rechnen.
Die Nachricht wurde acht Wochen vor Beginn der EBACE 2024 publik: Weder Bombardier noch Gulfstream werden vom 28. bis 30. Mai an der wichtigsten Messe für die Geschäftsluftfahrt in Europa teilnehmen, der European Business Aviation Convention & Exhibition in Genf. Damit fehlen auf einen Schlag zwei Schwergewichte der Branche. In den vergangenen Jahren hatten sie sich nicht nur in der riesigen Messehalle der Palexpo direkt am Flughafen Genf präsentiert. Auch auf dem Freigelände auf dem Vorfeld des Flughafens hatten sie mit massiver Präsenz geglänzt. Gulfstream zum Beispiel hatte seine gesamte Produktpalette von der G280 bis zum neuen Top-Modell G800 aus dem Werk in Savannah im US-Bundesstaat Georgia eingeflogen. Die G800 war dabei zum ersten Mal in Europa zu sehen.
EBACE 2024: Gulfstream als Wiederholungstäter
Weder Bombardier noch Gulfstream nannten genaue Gründe für ihre Entscheidung. Bombardier ließ lediglich verlauten, man untersuche regionale Konzepte als Teil des größeren Businessplans. Aber spätestens, seit Gulfstream 2021 erst die NBAA-Show in Orlando schwänzte und dann stattdessen sechs Wochen vorher mit einer Veranstaltung am Firmensitz die G400 und G800 vorstellte, sind diese Messen für das Unternehmen keine Pflichtveranstaltungen mehr. Auch 2023 war Gulfstream bei der NBAA-Show in Las Vegas nicht dabei.
Wie die Messezukunft von Bombardier und Gulfstream aussehen könnte, war auf der AERO in Friedrichshafen zu sehen. Dort zeigte Gulfstream die G500, von Bombardier waren die Global 5500 und Global 6000 zu sehen. Messen sind teuer. Ein Unternehmen vom Kaliber Bombardier und Gulfstream gibt für eine EBACE-Beteiligung mit allem Drum und Dran locker um die zehn Millionen Euro aus. Mit der Singapore Air Show im Frühjahr, der Farnborough Air Show in diesem sowie Le Bourget im folgenden Jahr, jeweils nur wenige Woche nach der EBACE, der NBAA-Show Ende Oktober und der MEBAA in Dubai Anfang Dezember, ist der Kalender überreichlich gefüllt.
Kritik an der EBACE wird lauter
Zugleich gibt es zunehmende Kritik an der Veranstaltung. Gelangte man früher direkt von den Messehallen zu den auf dem Vorfeld ausgestellten Jets, so ist jetzt eine längere Busfahrt nötig, was nicht immer ohne Wartezeiten funktioniert und gerade bei heißem Wetter kein Vergnügen ist. Wenn man eine Global 7500 oder eine G800 verkaufen will, mag man das Kunden verständlicherweise nicht zumuten. Gleiches gilt für Klimaprotestler, die 2023 auf das Außengelände vordringen konnten, sodass andere Besucher dort zwei Stunden lang gefangen waren. Auch wenn die Abwesenheit von Bombardier und Gulfstream der Veranstaltung einiges von ihrem Glamour nimmt, wichtig und auch spannend bleibt sie trotzdem. Bombardier betonte ausdrücklich, dass man auch weiterhin „die großartige Arbeit sowohl der EBAA- als auch der NBAA-Verbände in Schlüsselbereichen wie Sicherheit, Nachhaltigkeit, Innovation, Interessenvertretung und anderen wichtigen Themen“ unterstütze.
Aus dem Oberhaus der Business Aviation werden aber Airbus, Boeing und Dassault in Genf anwesend sein. Im Mittelpunkt der Dassault-Präsenz wird ohne Zweifel die Falcon 6X und die Falcon 2000 LXS stehen. Die 6X hatte erst im vorigen August ihre Zulassung erhalten. Im November wurde das erste Flugzeug ausgeliefert. Gespannt sein darf man auch auf ein Update in Sachen Falcon 10X, nachdem Rolls-Royce Anfang April mit den ersten Flugtests unter den Flügeln der werkseigenen 747-200 begonnen hatte. Und natürlich werden auch Textron, Embraer und Pilatus ihre Produkte auf der EBACE ausstellen. Für Interesse dürfte die verbesserte Version der PC-24 sorgen. Ab Werknummer 501 bietet der Light Jet unter anderem eine neue Kabine, mehr Zuladung und mehr Reichweite.
EBACE 2024: Air Mobility im Fokus
Mehr Raum denn je wird die EBACE der Advanced Air Mobility einräumen. „Innovation steht bei der EBACE immer im Mittelpunkt, und dieses Jahr bildet da keine Ausnahme“, sagte Rachel Clementi, EBACE Conference and Innovation Lead. „Es gibt vielleicht kein besseres Beispiel für bahnbrechende Innovationen in der Geschäftsluftfahrt als die Einführung von Elektro-, Hybrid- und Wasserstoffantrieben für Flugzeuge. Die EBACE 2024 ist stolz darauf, die neuesten dieser bahnbrechenden Technologien vorzustellen, die kurz vor der Markteinführung stehen“, so Clementi.
Zu den wohlbekannten Ausstellern in diesem Segment gehören Lilium und Voltaero, die ein hybridelektrisches Flugzeug entwickeln, das neben dem Einsatz als Passagierflugzeug für den Regionalverkehr auch als Ambulanzflugzeug und in einer Frachtversion verfügbar sein soll. Vaeridon aus München stellt einen viersitzigen Microliner mit Elektroantrieb mit geplanter Verfügbarkeit vor 2030 vor. Electron aus Rotterdam wird ebenfalls seine Pläne für ein kleines Regionalverkehrsflugzeug präsentieren. Es soll mit reinem Elektroantrieb eine 500 Kilogramm schwere Europalette 750 Kilometer weit befördern können.
Kein Flugzeug, sondern ein Antriebskonzept entwickelt das Startup Hydroplane aus Kalifornien. Mit Wasserstoff als Speichermedium für erneuerbare Energie und einer Brennstoffzelle für die Stromerzeug will es ein System entwickeln, das der General Aviation aber auch eVTOL und Dohnen größere Reichweiten eröffnen soll, als dies mit Batterien möglich ist.
Text: Heinrich Großbongardt
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