Crash am Flughafen Tokio-Haneda: Ein Flugzeug wohl ohne Erlaubnis auf die Bahn gerollt
Wenige Tage nach dem Zusammenstoß zweier Flugzeuge auf dem Flughafen Tokio-Haneda gibt es weitere Informationen über den Unfallhergang. Welcher Pilot hatte welche Freigabe vom Tower? Und wie lief die Evakuierung an Bord der brennenden Maschine ab?
Nach dem Crash zweier Flugzeuge mit fünf Toten am Flughafen Tokio-Haneda gibt es jetzt Hinweise auf menschliches Versagen. Die Dash 8 der Küstenwache soll laut einem Medienbericht keine Genehmigung gehabt haben, die Start- und Landebahn zu nutzen.
Aus dem veröffentlichten Funksprechverkehr zwischen dem Tower des Flughafens von Tokio-Haneda sowie den beiden Besatzungen der betroffenen Flugzeuge können bereits erste Erkenntnisse über den Ablauf des Crashs gewonnen werden. Demnach hatte die Crew des Airbus A350 von Japan Airlines eine Landeerlaubnis auf der Piste 34R erhalten, während die Piloten der Dash 8 der japanischen Küstenwache an dem Haltepunkt auf dem Rollweg C5, also am Rand der Piste, auf weitere Anweisungen warten sollten. Diese vom Tower erteilte Instruktion wurde von einem der beiden Piloten der Dash 8 auch korrekt zurückgelesen.
Pilot der Dash 8 glaubte offenbar, eine Startfreigabe erhalten zu haben
Ganz offenbar stoppte die Maschine der Küstenwache jedoch nicht am Rollhalt des Taxiways C5 , sondern rollten weiter auf jene Piste , auf dem JAL-Flug 516 zur gleichen Zeit zur Landung ansetzte. Die Gründe dafür sind noch unklar. Der einzige Überlebende an Bord der Dash 8, der schwer verletzte Kapitän, gab nach japanischen Medienberichten zu Protokoll, dass er meinte, eine Freigabe zum Rollen auf die Piste 34R erhalten zu haben. Auch gab er an, kurz vor dem Zusammenstoß die Leistung der beiden Turbopropmotoren seines Flugzeugs gesteigert zu haben. Offensichtlich war er auch im Glauben, eine Startfreigabe erhalten zu haben. Bestandteil der Untersuchungen ist zudem, welche Auswirkungen es hatte, dass während der nächtlichen Flugaktivität die Beleuchtung des von der Dash 8 genutzten Rollwegs C5 und auch jene der Haltelinie vor Runway 34R nicht aktiv war. Diese Einschränkung war allerdings – wie international üblich – in Form einer Notice to Airmen (NOTAM) veröffentlicht worden, um Flugbesatzungen zu besonderer Aufmerksamkeit zu ermahnen.
Drei der acht Notrutschen kamen bei der Evakuierung zum Einsatz
Erste Informationen von offizieller japanischer Seite gibt es auch über den Moment der Kollision und die Minuten danach. Demnach sah weder der verantwortliche Fluglotse noch die JAL-Crew, dass sich die Dash 8 auf der Bahn befand. Im Moment der Kollision brach das Bugfahrwerk der A350 ein, doch konnte die Cockpit-Crew des Airbus nicht sehen, dass ihr Flugzeug unmittelbar nach dessen Stillstand lichterloh in Flammen stand. Somit erteilte der Kapitän auch erst die Anweisung zur Evakuierung der Maschine, nachdem ihn der Kabinenchef darauf aufmerksam machte.
Der unfallbedingte Ausfall des Lautsprechersystems in der Kabine führte dazu, dass die Kabinenbesatzung lediglich per Zuruf oder Megafon den Passagieren die Anweisungen zur Evakuierung geben konnte. Aufgrund des rasch um sich greifenden Feuers kamen lediglich drei der theoretisch acht zur Verfügung stehenden Notrutschen zum Einsatz, weil es vor den anderen Notausgängen brannte. Dies und der steile Winkel, in dem das Heck des Flugzeugs nach oben ragte, verzögerten die Evakuierung. Laut Medienberichten vergingen vom Zusammenprall auf der Piste bis zur Evakuierung des letzten Insassen aus dem brennenden Flugzeug ganze 18 Minuten! Dennoch konnten alle 379 Menschen an Bord dem Inferno lebend entkommen.