Am 5. Januar hätte Alaska Airlines Flug 1282 beinahe in einer Katastrophe geendet. Jetzt sagt Boeing, was am 737MAX-Design geändert werden soll. Wir kennen den Wortlaut.

Am 5. Januar dieses Jahres kam es zu einem Unfall, der nicht nur die betroffene Boeing 737-9 MAX, sondern den gesamten Boeing-Konzern beinahe zu Fall brachte. Kurz nach dem Start von Alaska-Airlines-Flug 1282 riss sich die Abdeckung eines deaktivierten Notausgangs aus der Verankerung und hinterließ ein klaffendes Loch in der Passagierkabine. Verängstigte Fluggäste, eine schockierte, aber extrem professionell agierende Crew – und ein ins Taumeln geratener Boeing-Konzern waren die Folge.

Nur mit viel Glück saß niemand in der Reihe, neben der die Türabdeckung herausgerissen wurde. Bild: NTSB

Nur durch einen glücklichen Zufall saß niemand direkt neben dem im Rumpf klaffenden Loch. Denn dessen Luftsog hätte die Person leicht in das Dunkle der Nacht heraus saugen können. Schlimm genug, dass so etwas passierte – noch schlimmer sind jedoch die dazu führenden Umstände.

Glück im Unglück: keine Toten bei Boeing-Vorfall

Die Ermittlungen der US-amerikanischen Unfalluntersuchungsbehörde NTSB brachten ein zuvor nicht vorstellbares Netz an Ignoranz, Schlamperei, Fahrlässigkeit und Unprofessionalität bei Boeing und seinem Rumpfhersteller Spirit Aerosystems zu Tage.

Die ermittelten Fakten erschütterten erneut Boeing bis ins Mark und führten schließlich zum Rücktritt es Konzernchefs Dave Calhoun und dessen Ablösung durch Kelly Ortberg.

Weniger dramatisch sieht der Verlust der Türabdeckung von außen aus. Aber auch hier Glück im Unglück: das im Flug herausgerissene Bauteil traf nicht das Höhenleitwerk des Flugzeugs. Bild: NTSB

Die Ermittler werden vermutlich niemals diesen noch immer kaum fassbaren Unglücksfall der Luftfahrt komplett aufklären können. Denn entscheidende Dokumente über jene Arbeitsschritte in der Boeing-737-Endmontage, die den Unfall herbeiführten, wurden entweder niemals erstellt – oder verschwanden spurlos. Ebenso wie die vier fehlenden Haltebolzen, die das Herausbrechen der Türabdeckung herbeiführten.

Unfassbare Schlamperei bei Boeing

Jetzt sagte Boeing-Managerin Elizabeth Lund vor dem NTSB-Untersuchungsausschuss aus, wie Boeing mit Designänderungen an der 737-9 MAX verhindern möchte, dass sich der Unfall vom 5. Januar 2024 wiederholt.

Elizabeth H. Lund ist für die Qualitätskontrolle in der Verkehrsflugzeugsparte von Boeing verantwortlich. Sie sagte jetzt vor dem NTSB-Untersuchungsausschuß aus. Bild: Boeing

Elizabeth Lund ist Senior Vice President of Quality bei Boeing Commercial Airplanes und Vorsitzende des Enterprise Quality Operations Council sowie Mitglied des Executive Council – und somit für die Qualitätskontrolle bei der Verkehrsflugzeugsparte von Boeing verantwortlich.

Wie soll eine Wiederholung verhindert werden?

Uns liegt der Original-Wortlaut ihrer Aussage vor dem NTSB-Untersuchungsausschuss vor, den wir auf Grund dessen Brisanz ohne redaktionelle Anpassungen, lediglich mit erläuternden Kommentaren, nachfolgend präsentieren:

Elizabeth Lund zu Designänderungen:
„Wir haben einen Türwarnsensor und ein Licht an den Türen, das bei einer Bewegung oder bei nicht vollständig geschlossenen Türen Alarm schlägt. Soweit ich weiß, wurde dies bei der Türabdeckung (im Original: „plug“; a.d.R.) des mittleren Notausstiegs nicht berücksichtigt, weil die Türabdeckung als Struktur gedacht war und nicht als etwas, das sich öffnet und schließt.

Wir stimmen absolut mit dem Standpunkt überein, dass es extrem unwahrscheinlich ist, dass Änderungen vorgenommen werden müssen. Nach meinen Gesprächen mit unseren technischen Experten haben sie die Aktivierung des Sensors für die Türabdeckung in Betracht gezogen.

Alaska Airlines ist Großkundin der von dem Unfall betroffenen Boeing 737-9. Bild: Alaska Airlines

Sie (die techn. Experten; a.d.R.) glauben nicht, dass das unbedingt so funktionieren wird, wie wir es uns wünschen. Sie nehmen Änderungen an dieser Türabdeckung vor. Sie arbeiten an einigen konstruktiven Änderungen, die es ermöglichen, dass die Türabdeckung im Falle eines Problems nicht geschlossen werden kann, bevor sie nicht fest verankert ist. Sowie an einfachen Änderungen, um sicherzustellen, dass beispielsweise die Bolzen gesichert sind.

Noch Monate bis zur Umsetzung

Sie haben also geprüft, wie wir das System verbessern können, um sicherzustellen, dass es sich nicht mehr bewegen kann. Diese Änderungen sind in Arbeit, weil sie der Meinung sind, dass diese noch sicherer wären – und daran arbeiten wir weiter.“

Zur Frage, ob die Konstruktionsänderungen nachgerüstet werden meint Elizabeth Lund: „Ja, das werden sie.“

Über den Zeitplan sagt sie:
„Meinem Gespräch mit dem Chefingenieur entnehme ich, dass sie die Konstruktionsänderungen genehmigt haben, um damit beginnen zu können. Ich kenne aber keinen Zeitplan.


Ein Plan, aber (noch) keine Zulassung dafür

Als grobe Schätzung würde ich sagen – ich weiß, dass dies eine sehr grobe Schätzung ist – dass sie von Boeing innerhalb dieses Jahres umgesetzt werden.

Wir werden sie dann für die Nachrüstung in der Flotte verfügbar machen, sobald das Design in der Produktion zertifiziert ist. Im Idealfall wird es viel schneller gehen. Ich verfüge nur noch nicht über die detaillierten Pläne. Wir haben das eigentliche Design noch nicht so weit fertig, dass wir es herausgeben können.“