Air Cairo im Porträt: Mit „Mama“ EgyptAir nach Ägypten
Air Cairo hat sich zu einem bedeutenden Anbieter von Flugreisen aus dem deutschsprachigen Raum heraus zu den ägyptischen Urlaubshochburgen rund ums Rote Meer gemausert und befindet sich weiterhin auf Wachstumskurs. Ein Porträt!
Ein typischer Novembertag am Flughafen Düsseldorf. Flug SM 2984 ist gelandet. Langsam rollt die A320neo der Air Cairo aus und kommt an GateCO7 zum Stehen. Die Maschine ist überpünktlich, 25 Minuten vor der Zeit. 145 Urlauber steigen aus. Nach sonnigen Urlaubstagen in Scharm El-Scheich blicken sie mehr oder weniger missmutig ins diesige November-Grau, schlagen den Jackenkragen hoch, verstauen die Sonnenbrillen, streben zur Gepäckausgabe – während die nächsten Ägyptenurlauber bereits aufs Boarding warten.
Air Cairo fliegt aus dem DACH-Raum
93-mal in der Woche starten die Airbusse der Air Cairo von Flughäfen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu beliebten Urlaubszielen am Roten Meer – nach Hurghada, Scharm El-Scheich und Marsa Alam. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahresende eine Million Passagiere von Deutschland nach Ägypten zu befördern. Es sieht ganz danach aus, als könnte dieses Ziel erreicht werden.
Das bringt Hussein Sherif, seit drei Jahren Chef von Air Cairo, zum Strahlen. Der CEO begann als Check-in-Agent, bekleidete diverse Management-Positionen und war zuletzt Berater des CEO respektive Chairmans von EgyptAir, der Mutter von Air Cairo. Für „die Mama“, wie der 58-jährige Manager EgyptAir liebevoll nennt, war er gut fünf Jahre in Düsseldorf stationiert. Er mag Deutschland. Und er mag Air Cairo. Damit sei er beileibe nicht allein, versichert er. Das gelte ebenso für alle 1620 Beschäftigten der Fluggesellschaft. „Sie lieben die Airline. Und sie lieben ihren Job.“ Es ist anzunehmen, dass sie auch ihren Chef mögen.
Zusammenarbeit mit EgyptAir
Hussein Sherif ist ein Mann mit Charisma und positiver Ausstrahlung. Er ist stets umfassend informiert, kümmert sich persönlich um Problemlösungen, steht immer hinter seinen Leuten. 300 Air-Cairo-Beschäftigte arbeiten im Cockpit – darunter fünf Frauen. 850 Mitarbeitende gehören zum Kabinen-Personal. Alle seien hoch motiviert, lobt der Chef, und das sei einer der Erfolgsfaktoren der Airline. Unter einem Mangel an Piloten, von vielen Fluggesellschaften weltweit beklagt, leide Air Cairo nicht. „Davor bewahrt uns glücklicherweise die Zusammenarbeit mit EgyptAir“, so Sherif. Die Zusammenarbeit mit der Mutter sei eng und vielfältig und sie funktioniere reibungslos. Alle Fähigkeiten von EgyptAir, ob in der Technik, dem Bodenbetrieb oder beim Catering, stehen Air Cairo zur Verfügung.
Von Codeshare-Vereinbarungen, die mehr Frequenzen und Destinationen möglich machen, profitieren beide Airline und nicht zuletzt die Reisenden. Der Austausch von Crews sei ein weiteres Plus. 70 Prozent des Management-Teams gehören zur EgyptAir-Belegschaft. „Der Himmel ist die Grenze“, formuliert Sherif und meinte damit, dass in der Zusammenarbeit zwischen Air Cairo und „der Mama“ alles möglich ist, gesteuert durch Vereinbarungen und Absprachen.
Anpassungen notwendig
Seit Mai 2021 arbeitet Air Cairo mit einem weiteren Partner eng zusammen – mit dem deutsch-türkischen Ferienflieger SunExpress. Mit Erfolg! Dank dieser Vertriebspartnerschaft und dem zuverlässigen Produkt ist Air Cairo innerhalb von zwei Jahren zum Marktführer im touristischen Verkehr zwischen dem Roten Meer und Deutschland aufgestiegen. Air Cairo obliegt das Operationen, SunExpress übernimmt den Verkauf sowie alle kommerziellen Tätigkeiten für Air Cairo in Deutschland, Österreich, der Schweiz (den DACH-Staaten) und Ungarn.
Das beginnt bei der Netzplanung, geht über Scheduling und Slots, den Verkauf und das Marketing bis hin zum Revenue Management. Die Partner konnten in den beiden ersten Jahren der Zusammenarbeit bereits mehr als zwei Millionen gemeinsame Fluggäste an Bord von Air-Cairo-Flugzeugen begrüßen, stellt Wilken Bellmann zufrieden fest. Er leitet bei SunExpress den Bereich Network Planning and Scheduling. Während im kommerziellen Bereich alle Formen von Zusammenarbeit und Kooperation bereits gelebt werden, gebe es aber auch Grenzen: „Da Air Cairo Airbus fliegt und SunExpress Boeing, sind die Möglichkeiten der Zusammenarbeit bei Maintenance naturgemäß begrenzt“, räumt er ein.
„Das Wachstum, das wir gemeinsam mit Air Cairo erreicht haben, untermauert den großen Erfolg des Partnerschaftsmodells“ Wilken Bellmann, Head of Network Planning and Scheduling SunExpress
Eine der Hauptaufgaben von SunExpress ist neben Einzelplatzbuchungen die Vermittlung von Kontingenten für Reiseveranstalter. Aufgrund der Zusammenarbeit mit SunExpress fliegen inzwischen alle großen Reiseveranstalter mit Air Cairo von Deutschland nach Ägypten. Im kommenden Sommer will Air Cairo bis zu 123 wöchentliche Flüge von Deutschland, Österreich und der Schweiz nach Hurghada, Marsa Alam und Scharm El-Scheich anbieten. Das sind mehr als 17 Flüge pro Tag. War SunExpress bislang in erster Linie auf den Türkeimarkt konzentriert, so konnte der Carrier durch die Partnerschaft mit Air Cairo als zweites Standbein den Ägypten-Tourismus dazugewinnen. Bellmann: „Unsere internen Ressourcen können wir sogar noch besser auslasten, weil der ägyptische Ferientourismus nicht so saisonal ist wie der türkische.“
Carrier stellen Geschäft nach Ägypten teils komplett ein
Das unterstreicht Air-Cairo-CEO Hussein Sherif: „Die meisten europäischen Carrier reduzieren während des Sommers ihre Flüge nach Ägypten oder stellen sie ganz ein und kommen dann im Winter zurück. Darum bieten wir Verbindungen für den Ägypten-Tourismus während des Sommers an.“Gegenwärtig fliege Air Cairo während des Sommers sogar mehr als im Winter. Das sei ungewöhnlich. Es werden aber nicht nur Urlaubsziele am Roten Meer angesteuert. Auch Inlandsflüge spielen eine wichtige Rolle. 300 Inlandsflüge zu zehn Destinationen stehen pro Woche im Flugplan, durchgeführt hauptsächlich mit ATR 72-600 und Embraer 190.
Weiterhin füllt Air Cairo von Kairo aus Lücken im Flugplan von EgyptAir – zu eher unattraktiven Zeiten, dafür aber zu attraktiven, weil günstigen Preisen. Zum dritten bietet Air Cairo Flüge von kleineren ägyptischen Städten an, von und zu denen Arbeiter von und nach Saudi-Arabien und Kuwait unterwegs sind. International bedient der Carrier 62 Ziele in 28 Ländern. Seit Dezember fliegt Air Cairo zweimal wöchentlich nach Dakar im Senegal und Ouagadougou in Burkina Faso. Aus Dakar kommend, steigen Passagiere in Kairo um und reisen weiter, beispielsweise nach Mekka oder auch nach China.
Air Cairo 2.0
Die namensgleiche Vorgängerin der heutigen Air Cairo war 1997 als Joint Venture mehrerer ägyptischer Reiseveranstalter gegründet worden und 1998 mit zwei Tupolew TU-204 an den Start gerollt. Der Newcomerbot Fracht- und Passagierflüge auf Ad-hoc-Basis an. Als 2003 die Charterfluggesellschaft Shorouk Air, damals zu 51 Prozent im Besitz der EgyptAir, den Flugbetrieb einstellte, entstanden freie Kapazitäten im ägyptischen Charterverkehr, und der Unternehmer Ibrahim Kamil nutzte die Gelegenheit, gewann EgyptAir als Partnerin, und die neue Fluggesellschaft Air Cairo war gegründet.
Mittlerweile ist die Airline die zweitgrößte in Ägypten und spielt im dortigen Luftfahrtgeschäft eine wichtige Rolle – als Schlüsselbetreiberin für den Tourismus speziell nach Hurghada, Marsa Alam und Scharm El-Scheich, aber ebenso für kulturelle Trips nach Luxor, Aswan, Kairo und zur Sphinx. Nach der Corona-Pandemie hat sich der Carrier gut erholt und befindet sich seitdem auf einem deutlichen Wachstumskurs. „Wir werden auch in diesem Jahr schwarze Zahlen schreiben“, stellt Hussein Sherif in Aussicht.Der Wachstumskurs solle in Zukunft fortgesetzt werden. Mit neuen Zielen in Europa, in den Benelux-Staaten und nach Großbritannien, aber auch in der Region, Nahost sowie Nordafrika, plus Sub-Sahara. Und mit einer erweiterten modernen Flotte. Dazustoßen werden unter anderem 13 zusätzliche A320neo und neun A320ceo.
Warum A320ceo?
„Weil sich die CFM56-Triebwerke bisher sehr gut auf den heißen Plätzen in der Golfregion bewährt haben“, begründete der Air-Cairo-Chef. Zurück zum Düsseldorfer Flughafen an jenem grauen Novembertag. Während die Passagiere ihr Gepäck in Empfang nehmen,treffen im Cockpit Kapitän Ahmed Assemund Copilotin Reem Hayman alle Vorbereitungen für den Rückflug. Pünktlichkeit wird bei Air Cairo großgeschrieben. Flugpläne werden eingehalten und gelegentlich sogar übererfüllt. Auch jetzt wäre der Airbus eine halbe Stunde vor der Zeit startbereit, aber es gibt keine Freigabe von der Flugsicherung. Und so rollt das Flugzeug planmäßig Punkt 18 Uhr vom Gate zur Startbahn, um raus aus feuchtem Mausgrau in die ägyptische Sonne zu fliegen.
Text: Sigrid Andersen
Fotos: Dietmar Plath