La Palma Airport: Keine windige Angelegenheit
29.05.2014 Für seine Insel ist der Flughafen von La Palma ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, für die Bewohner zwar nicht die einzige, aber die schnellste Möglichkeit, die anderen Regionen auf den Kanaren zu erreichen und Anschluss an Festlandspanien und die Welt zu finden. Seit zehn Jahren drehen sie sich, tagaus, tagein, dort, auf dem felsigen Küstenstreifen unterhalb […]
29.05.2014
Für seine Insel ist der Flughafen von La Palma ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, für die Bewohner zwar nicht die einzige, aber die schnellste Möglichkeit, die anderen Regionen auf den Kanaren zu erreichen und Anschluss an Festlandspanien und die Welt zu finden.
Seit zehn Jahren drehen sie sich, tagaus, tagein, dort, auf dem felsigen Küstenstreifen unterhalb des Flughafens von La Palma. Die beiden Windräder decken an einem durchschnittlichen Tag rund 30 Prozent des Energiebedarfs des Airports, unterstützt von ein paar Solarpanelen. Allerdings ist hier, auf der Ostseite der Kanareninsel, der Wind weitaus verlässlicher als die Sonne. Die liegt hier nämlich häufig hinter quellenden Passatwolken verborgen, die von Nordost auf die Insel treffen. Dort stauen sie sich dann vor dem knapp 2000 Meter hohen Gebirgsrücken der Cumbre Nueva und Cumbre Vieja, der La Palma von der Caldera de Taburiente mit ihren bis zu 2400 Meter hohen Gipfeln von Nord nach Süd durchzieht. Die Wolken wabern über dem Höhenkamm und sehen den Brechern, die die von erstarrter Lava geformten Küsten peitschen, erstaunlich ähnlich. Auf der Westseite ist das Wetter deutlich besser – sonnig, etwas weniger windig, aber die Landschaft zerklüfteter. Hier prägen die Krater der teilweise noch immer aktiven Vulkane das Bild, ebenso wie die schwarzen Lavafelder, die erst vor 40 Jahren beim letzten Ausbruch des Teneguia entstanden und bis heute kaum bewachsen sind.
Dass auf diese, noch schroffere Inselseite kein Flughafen passt, liegt auf der Hand. Zudem sind die Hauptstadt Santa Cruz de la Palma und der internationale Seehafen auf der Ostseite der Insel angesiedelt. Aber auch hier war es schwierig, geeignete Flächen für einen Airport zu finden. Immerhin ist SPC, so das IATA-Kürzel für den Inselflughafen, an seinem heutigen Standort sozusagen der dritte Anlauf für einen Lufthafen. Erst 1970 war der Airport eingeweiht worden, wobei die Start- und Landebahn 01/19 zehn Jahre später aufgrund hohen Verkehrsaufkommens und größerer Flugzeuge nach Norden hin um 500 Meter auf heute 2200 Meter verlängert werden musste. Das nötige Areal wurde durch Landaufschüttung aus dem Meer gewonnen. Einen parallel zur Bahn verlaufenden Rollweg von gleicher Länge sucht man allerdings vergebens, dafür reicht der Platz dann doch nicht.
Auch wenn das Runwaysystem seit den achtziger Jahren unverändert blieb, hat sich auf dem Airport viel getan. Rund 200 Millionen Euro hat Flughafenbetreiber AENA in den vergangenen zehn Jahren in die Infrastruktur gesteckt. So wurden beispielsweise 2011 ein neues modernes Terminal samt Vorfeld sowie ein neuer Kontrollturm in Betrieb genommen. Das kleine Abfertigungsgebäude aus den siebziger Jahren war mit seinen Kapazitäten für 1,2 Millionen Fluggäste pro Jahr beziehungsweise maximal 1400 Fluggäste pro Stunde einfach zu klein geworden. Immerhin konnte der Airport vor der schweren Wirtschaftskrise über eine Million Passagiere pro Jahr aufweisen; 2007 waren es etwas mehr als 1,2 Millionen und das Fluggastgebäude somit am Anschlag. Die Krise ließ die Passagierzahlen kontinuierlich zusammenschnurren, und als es wieder aufwärts zu gehen schien, brach mit dem Konkurs der Regionalfluggesellschaft Islas Airways das Aufkommen erneut ein.
Gut für die Einheimischen
Nichtsdestotrotz ist der Airport heute für die kommenden Jahrzehnte gerüstet. Das Terminal, das im Übrigen nur aus einheimischen Materialien gefertigt wurde, nimmt sich mit seinen 102.000 Quadratmetern Fläche geradezu gigantisch zu den 8000 Quadratmetern des alten und inzwischen abgerissenen Gebäudes aus. Hier können nun 2800 Fluggäste pro Stunde beziehungsweise drei Millionen pro Jahr durchgeschleust werden. Es gibt 24 Check-in-Schalter, neun Gates, davon zwei mit Passagierbrücken, vier Gepäckbänder und ein Vorfeld, auf dem 14 Flugzeuge gleichzeitig geparkt werden können. Auch die Zahl der Parkplätze vor dem Airport wurde nahezu verdoppelt.
Immerhin kommen jede Menge Individualurlauber zum Trekking nach La Palma, die sich nach ihrer Ankunft gleich in einen Mietwagen und weiter in die Berge stürzen. Umgekehrt dient der Flughafen eigentlich auch den Insulanern als Treffpunkt, an dem man einkaufen oder essen kann. Eigentlich. Denn seit der Eröffnung des neuen Terminals sei der Besucherstrom der Einheimischen ein wenig abgerissen, so Flughafen-Direktor Juan Carlos Peg Ros. Das alte Terminal nämlich sei sehr übersichtlich gewesen – alles auf einer Ebene – während man heute sozusagen im Untergeschoss parke und Ankunft und Check-in auf Straßenniveau habe. Insofern mag es noch ein wenig dauern, bis sich die Einheimischen an die neuen, deutlich großzügigeren Gegebenheiten gewöhnt haben. Dennoch generiert der Airport rund 30 Prozent seines Umsatzes aus dem sogenannten Non-Aviation-Geschäft. Drei Läden, davon ein „klassischer“ Duty-free-Shop, bieten neben den landestypischen Mitbringseln auch Kleidung und andere Accessoires an, zudem gibt es vor Ort eine Apotheke und drei Restaurants.
Die Einheimischen sind, von ihren gelegentlichen Besuchen des Airports einmal abgesehen, auch die Gruppe, die das Gros der Passagiere auf dem Flughafen von La Palma, nämlich knapp drei Viertel, ausmachen. Und die meisten von ihnen fliegen nach Teneriffa. Fast im Stundentakt kann man zwischen den beiden Inseln hin- und herpendeln. Darüber hinaus gibt es auch direkte Verbindungen nach Gran Canaria sowie nach Madrid und Barcelona. Von den Flugbewegungen entfallen auf die Inlandsdienste sogar 85 Prozent. Doch die interinsularen Verbindungen werden – im Gegensatz zu den internationalen bzw. denen auf das spanische Festland – ausschließlich mit Turboprops wie ATR 72 durchgeführt. Platzhirsch ist in diesem Segment eindeutig Binter Canarias mit einem Marktanteil von 65 Prozent. Islas Airways, die den Flugbetrieb im Herbst 2012 eingestellt hatte, zeichnete für mehr als 30 Prozent verantwortlich. Die Lücke, die Islas riss, wurde bis heute nicht ganz geschlossen, denn Binter stockte ihre Kapazitäten nur marginal auf. Und Canary Fly, die im November 2013 den Flugbetrieb aufgenommen hat, fliegt La Palma gerade mal zweimal täglich an.
Im internationalen Verkehr, der rund 27 Prozent oder 212000 Fluggäste generiert, dominiert die deutsche Condor, die unter anderem mit Boeing 757 nach La Palma kommt. Sie war die erste Charterfluggesellschaft, die SPC ins Flugprogramm aufgenommen hat, und führt nach wie vor die Riege der nichtspanischen Airlines vor Ort mit einem Anteil von 44 Prozent an. Weit abgeschlagen mit 28 Prozent kommt Air Berlin, gefolgt von Thomson mit 17 und Transavia mit 16 Prozent. Insofern sind die wichtigsten internationalen Ziele die deutschen Großstädte, in einigem Abstand gefolgt von Amsterdam, Brüssel, Manchester und London Gatwick.
Das mag auch mit der Art des Urlaubs zusammenhängen, den man auf La Palma verbringen kann. Hier stehen eben vor allem Aktivitäten wie Trekking und Mountainbiken im Vordergrund. Alleine schon aufgrund der Topographie der Insel sind reine Badeurlaube in großen Bettenburgen nicht möglich, was wiederum eher die Touristen aus dem angelsächsischen Raum bevorzugten, weiß Airport-Direktor Peg Ros.
Weniger Saisonalität
Etwa so wichtig wie der Massentourismus ist auch das Frachtgeschäft auf La Palma. Bescheidene 600 Tonnen wurden hier im vergangenen Jahr umgeschlagen, wobei die Frachtmenge in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen ist. Die wichtigsten „Güter“ im Cargosegment sind denn auch Presse- sowie Kuriersendungen. Allerdings schlägt sich im Winterhalbjahr, das auch im Passagierverkehr das regere ist, der Export einer kleinen einheimischen Blume, der Protea (Zuckerbusch), positiv nieder.
Alles in allem ist der Aeropuerto de La Palma eher ein ruhigeres Fleckchen. Dennoch mussten die Flughafenbetreiber auch hier ein Lärmschutzprogramm auflegen und nahegelegene bzw. innerhalb eines Lärmteppichs gelegene Behausungen mit Schallschutzfenstern versehen. Selbst direkt unterhalb des Flughafens auf den Klippen, unweit der Flughafen-eigenen Windkraftanlage, gibt es einige wenige Anwohner.
Im Übrigen dürfte der Airport bei seinen Nachbarn durchaus wohl gelitten sein, denn mit rund 50 am Flughafen tätigen Unternehmen und rund 500 Beschäftigten ist der Airport einer der bedeutenden Arbeitgeber auf der Insel. Und durch den starken Anteil an Inlandspassagieren ist SPC ohnehin weniger der Saisonalität ausgesetzt als andere Flughäfen, die in manchen Monaten nahezu leer stehen und ihr Personal zum Teil monatsweise rekrutieren.
Dennoch gab es auch auf La Palma schon Tage, an denen der Flughafen zwar nicht ganz geschlossen, der Verkehr aber doch stark eingeschränkt ist. Dann nämlich, wenn sich bei bestimmten Wetterlagen Scherwinde und Turbulenzen zusammentun und für vor allem für kleinere Flugzeuge gefährliche Luftverwirbelungen im Anflugbereich sorgen. Doch das passiert vielleicht einmal im Jahr.
(Brigitte Rothfischer)
Interview mit Juan Carlos Peg Ros, Direktor Aeropuerto de la Palma (Foto: Dietmar Plath)
Im Niemandsland
Juan Carlos Peg Ros ist seit acht Monaten Direktor des Flughafens von La Palma; zuvor war er für den spanischen Flughafenbetreiber AENA auf der Insel Lanzarote tätig. Mit Brigitte Rothfischer unterhielt er sich über die stärksten Märkte und Kunden seines Airports.
AERO: Was ist La Palmas Stellung unter den kanarischen Airports?
Peg Ros: La Palma ist der fünftgrößte Flughafen auf den Kanaren. Aber er liegt in einer Art Niemandsland zwischen Teneriffa-Nord mit 3,7 Millionen und El Hierro mit 150.000 Fluggästen.
AERO: Wo liegen Ihre wichtigsten Märkte?
Peg Ros: An erster Stelle unter den Inlandszielen stehen Teneriffa und Gran Canaria. Weit abgeschlagen davon folgt Madrid auf dem dritten Platz. Der wichtigste internationale Markt für La Palma ist Deutschland, das auch unser erster touristischer Quellmarkt überhaupt war. Wir haben Verbindungen zu den meisten deutschen Großstädten. An zweiter oder dritter Stelle stehen die Niederlande und Großbritannien, aber das variiert.
AERO: Welche Märkte bzw. Airlines hätten Sie denn noch gerne?
Peg Ros: Wir möchten natürlich jeden Markt gerne haben. Die Insel La Palma versucht, neue Märkte wie Frankreich oder die skandinavischen Länder für sich zu gewinnen. Wir freuen uns über jede neue Airline, die nach La Palma kommt, und die AENA bietet verschiedene Boni für neue Anbieter bzw. Strecken an. Beispielsweise entfallen bei Diensten zu völlig neuen Destinationen die Passagiergebühren. Wir arbeiten nicht nur daran, neue Strecken aufzubauen, sondern auch die Strecken, die wir bereits haben, zu konsolidieren. Unsere wichtigsten Airlines sind übrigens Binter Canarias im Inlandsverkehr und Condor auf den internationalen Verbindungen.
AERO: Welche Folgen hatte der Verlust von Islas Airways für Ihren Flughafen?
Peg Ros: Bis 2011 hatte Islas einen Marktanteil von 35 Prozent, gegenüber den 65 Prozent von Binter Canarias. Auf jeden Flug von Islas kamen zwei Flüge von Binter. Heute sieht das leider ganz anders aus. Nach der Schließung von Islas hat Binter ihre Flüge nach La Palma nur um vier
Prozent ausgebaut, weshalb unser Inlandsverkehr im vergangenen Jahr um 16 Prozent eingebrochen ist.
AERO: Wie sieht Ihr typischer Passagier aus?
Peg Ros: Die größte Gruppe unsere Passagiere, nämlich rund 36 Prozent, bilden die Touristen. Dennoch haben wir mit 28 Prozent auch eine Menge Geschäftsreisende sowie mit 20 Prozent auch viele privat Reisende, die Freunde und Familien besuchen. Unter den restlichen 16 Prozent entfallen etliche auf Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen reisen müssen, da es auf La Palma nicht alle medizinischen Fachbereiche gibt und die Patienten daher in die Klinik nach Teneriffa überwiesen werden.