Luftverkehr pünktlicher – Chaos-Sommer wiederholt sich vorerst nicht
Langen/Frankfurt, 12. August 2019 Der Flugverkehr wächst auch in Zeiten der Klima-Angst. Doch das Verspätungschaos aus dem vergangenen Jahr bleibt in diesem Sommer zunächst aus. Die Flugsicherung nennt erste Gründe. Der europäische Luftverkehr läuft in diesem Jahr offenbar etwas geschmeidiger. Im Schnitt sind die Flieger im ersten Halbjahr 12 Minuten zu spät am Zielort angekommen, immerhin […]
Langen/Frankfurt, 12. August 2019
Der Flugverkehr wächst auch in Zeiten der Klima-Angst. Doch das Verspätungschaos aus dem vergangenen Jahr bleibt in diesem Sommer zunächst aus. Die Flugsicherung nennt erste Gründe.
Der europäische Luftverkehr läuft in diesem Jahr offenbar etwas geschmeidiger. Im Schnitt sind die Flieger im ersten Halbjahr 12 Minuten zu spät am Zielort angekommen, immerhin 2,1 Minuten weniger als ein Jahr zuvor, wie am Montag die Deutsche Flugsicherung (DFS) unter Berufung auf Zahlen der europäischen Flugsicherungsagentur Eurocontrol berichtete. Dabei haben sich trotz steigender Verkehrszahlen insbesondere die Flugsicherungen und die Airlines verbessert. Aber auch in den anderen Bereichen hat es den Zahlen zufolge zumindest keine Verschlechterungen gegeben.
Die Flugsicherung unterscheidet in ihrer Auswertung zwischen Ursprungsverspätungen (6,9 Minuten) und nicht mehr zu beeinflussenden Folgeverspätungen (5,1 Minuten). Diese können sich beispielsweise ergeben, wenn für ein verspätet gestartetes Flugzeug eine neue und möglicherweise langsamere Streckenführung gefunden werden muss. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018 ist die Zahl der Flüge im EU-Luftraum um 2,3 Prozent auf 4,8 Millionen gestiegen. Auf den deutschen Luftraum entfielen davon 1,6 Millionen Flüge, eine nur leichte Steigerung um 1,3 Prozent.
Im vergangenen Jahr hatte vor allem der harte Konkurrenzkampf der Airlines den Luftverkehr angeheizt, weil alle in die Lücke stoßen wollten, die Air Berlin mit seiner Pleite hinterlassen hatte. Allein im deutschen Luftraum wuchs die Zahl der Flüge um 4,2 Prozent auf 3,3 Millionen mit der Folge massiver operativer Probleme. Zusammen mit Engpässen an den Flughäfen, einem eklatanten Lotsenmangel vor allem im Zentrum Karlsruhe und heftigen Wetterkapriolen ergab sich für die Passagiere zeitweise ein Verspätungschaos, nicht einmal zwei von drei Flügen kamen noch pünktlich an. In der öffentlichen Kritik standen vor allem die Passagierkontrollen am Flughafen, die von der Bundespolizei organisiert werden.
Verspätungen gibt es auch 2019 noch genug, zumal die wirklichen Ferienmonate in der Auswertung noch fehlen. Von den Ursprungsverspätungen haben die Airlines mit 3,2 Minuten fast die Hälfte verursacht, wie aus den Zahlen hervorgeht. Auf die Flughäfen entfielen gleichbleibend 1,3 Minuten. Die nach dem chaotischen Sommer 2018 hart kritisierten Flugsicherungen sind demnach trotz steigenden Verkehrsaufkommens nur noch für 1,1 Minuten verantwortlich, nach 1,5 Minuten im ersten Halbjahr 2018.
Für die Verbesserungen im System nannte die Flugsicherung mehrere Gründe. So hielten die Airlines mehr Flugzeuge und Crews als Reserve vor, und an den Flughäfen sei das Personal aufgestockt worden. Allein die Lufthansa hatte nach eigenen Angaben 250 Millionen Euro in die Hand genommen, um den Betrieb zu stabilisieren. «Diese Investitionen zeigen Wirkung. Die Flugstreichungen sind im Vergleich zu 2018 um mehr als die Hälfte zurückgegangen», erklärte am Montag eine Sprecherin. Dennoch müsse man mit den Puffern immer wieder auch Verspätungen kompensieren, die unter anderem von der Flugsicherung verursacht wurden.
Neben gut honorierten Extraschichten für die Lotsen haben die Flugsicherungen besonders stark frequentierte Luftraum-Sektoren entlastet und Flüge umgeleitet. Im deutschen Luftraum ging daher die Zahl der Flugbewegungen gegen den europäischen Trend im Juni leicht um 0,8 Prozent zurück. Zum Unmut der Lufthansa und anderer Gesellschaften wurden tausende Flüge in untere Sektoren verlagert, wo ein Flugzeug wegen des höheren Luftwiderstandes mehr Sprit verbraucht.
Noch keine Auswirkungen zeigen die verstärkten Ausbildungsbemühungen der DFS, denn es braucht rund vier Jahre von der Rekrutierung bis zur Prüfung. An den beiden größten Flughäfen in München und Frankfurt setzten die Behörden verbesserte Technik bei den Fluggastkontrollen ein und schlossen langsam zum internationalen Niveau auf.
Bundesverkehrminister Andreas Scheuer (CSU) wertete die frühen Zahlen als Beleg für den Erfolg der beiden Luftverkehrsgipfel, bei denen 24 konkrete Maßnahmen verabredet worden seien. «Die Zahlen belegen, dass wir auf dem richtigen Weg sind – auch wenn noch eine Menge zu tun bleibt, um die Pünktlichkeit im Luftverkehr auch langfristig weiter zu erhöhen», erklärte Scheuer in Berlin laut einer Mitteilung.
Beim Flughafenverband ADV vermochte man die in der Statistik abzulesende Stagnation (unverändert 1,3 Minuten) im eigenen Bereich nicht nachzuvollziehen. Vor wenigen Wochen hatte man von verbesserter Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit berichtet und sich dabei auf interne Zahlen der Mitgliedsflughäfen berufen. Zusätzliches Personal, Automation und eine bessere Information der Passagiere hätten positive Wirkung gezeigt.
Christian Ebner, dpa