Ein Flugzeug, das die Airline -Welt verändert
Tokio ANA All Nippon Airways feiert den Jungfernflug der Boeing 787 / Aeroscope berichtet vom Erstflug des Dreamliners zwischen Tokio und Hongkong Die neue 787 von Boeing ist ein Flugzeug, das weit blicken lässt: Nicht nur die reine Größe der Fenster – sie sind um etwa 30 Prozent größer als die herkömmlicher Flugzeuge – sondern […]
Tokio
ANA All Nippon Airways feiert den Jungfernflug der Boeing 787 / Aeroscope berichtet vom Erstflug des Dreamliners zwischen Tokio und Hongkong
Die neue 787 von Boeing ist ein Flugzeug, das weit blicken lässt: Nicht nur die reine Größe der Fenster – sie sind um etwa 30 Prozent größer als die herkömmlicher Flugzeuge – sondern vor allem deren Anordnung begeistert. Sie liegen höher und erlauben damit allen Passagieren, selbst auf den Plätzen in der mittleren Reihe, einen guten Ausblick.
Auf dem ersten kommerziellen Flug einer Boeing 787, auch Dreamliner genannt, waren die Premierenpassagiere jedoch nicht nur von der Größe der Fenster angetan. Auf dem viereinhalbstündigen Flug von Tokio nach Hongkong konnten sie sich auch mit weiteren neuen Eigenschaften des Flugzeugs vertraut machen. So lassen sich die Fenster mit einem Knopfdruck innerhalb von 90 Sekunden automatisch verdunkeln. Auch die LED-Kabinenbeleuchtung überraschte die gut 200 Fluggäste schon beim Start mit einem mehrfarbigen Lichtspiel. Sie soll in der Beleuchtung den Wechsel der Tageszeiten während eines Langstreckenfluges simulieren und dadurch den Jetlag verringern.
Ebenso sorgen der Kabinendruck, der einer Höhe von 1.800 Metern statt bislang 2.400 Metern gleicht und eine weit höhere Luftfeuchtigkeit für mehr Bekömmlichkeit auf Mittel- und Langstreckenflügen. Diese Eigenschaften wird der Dreamliner auf seinem ersten Langstreckenflug, den Erstkunde ANA All Nippon Airways für den 21. Januar 2012 nach Frankfurt vorgesehen hat, voll ausspielen können. Dann ist es auch Passagieren ab Deutschland problemlos möglich, die 787 zu testen und dabei die japanische Metropole Tokio kennen zu lernen. Durch die enge Kooperation der ANA mit Lufthansa können Passagiere sogar zum Beispiel den Hinflug in der 787 und den Rückflug im Airbus A380 buchen. Vorerst allerdings ist das neue Flugzeug nur in Japan unterwegs: Um möglichst schnell möglichst viele Piloten ausbilden zu können, wird der Jet auf den beiden hochfrequent bedienten Verbindungen zwischen Tokio-Haneda und Hiroshima sowie zwischen Haneda und Okayama eingesetzt.
Noch mehr Freude als den Passagieren dürfte die B787 ihren Betreibern machen: Airlines erwarten sich durch eine Gewichtsreduktion um etwa 20 Prozent einen deutlich reduzierten Treibstoffverbrauch und wollen durch um etwa 30 Prozent geringere Wartungskosten im Vergleich zu den Standardmodellen ihrer Flotte weitere Ausgaben sparen. Zudem ist die Boeing 787 sowohl auf der Kurz- als auch auf der Mittel- und Langstrecke einsetzbar. Dadurch müssen Fluggesellschaften zur Einführung einer neuen Strecke nicht immer gleich Widebody-Jets der Typen 747 oder 777 von Boeing oder A340 oder A330 von Airbus einsetzen.
All diese Vorteile wurden bei der Pressekonferenz zum „First Commercial Flight“ in Tokio von Boeing und ANA All Nippon Airways mehrfach hervorgehoben. Shinichiro Ito, Präsident und CEO von ANA, sagte, dass die Boeing 787 ein „Gamechanger“ für die Airline-Industrie sei. Das Flugzeug könne besser als jedes andere die Erwartungen und Bedürfnisse der Kunden erfüllen. „Wir hatten eine harte Zeit während der Entwicklungsphase des Flugzeugs, heute sind wir aber sehr stolz darauf, die erste Fluggesellschaft zu sein, die den Dreamliner betreibt.“
Scott Fancher, Vice President und General Manager für das 787-Programm bei Boeing: „Es ist für mich ein Privileg, hier in Tokio zu sein und diesen speziellen Tag mitzuerleben. Ich bin mir sicher, dass eine Vielzahl von Menschen rund um den Globus heute mit uns fliegt.“ Mit Blick auf seine Bordkarte für den Erstflug schmunzelte er: „Ich habe lange darauf gewartet, dieses Dokument in Händen zu halten.“
ANA All Nippon Airways, in diesem Jahr vermutlich erstmals größte asiatische Airline bei Umsatz und Anzahl der Passagiere, hatte lange auf den Erstflugtag gewartet: Insgesamt drei Jahre und fünf Monate musste die Airline sich gedulden, bis das erste Exemplar des Flugzeugs ausgeliefert wurde. Dafür schreitet der Aufbau der Flotte jetzt sehr schnell voran: Beim Start des Erstflugs parkte bereits der zweite ANA-Dreamliner auf der Nachbarposition. Gegen Ende des Jahres wird die Airline sieben Exemplare des Flugzeuges in der Flotte haben. Mit Ende des Geschäftsjahres 2011/12 am 31. März 2012 wächst die Flotte auf elf Flugzeuge, ein Jahr später sollen es bereits 20 sein. ANA hatte das Programm mit der Bestellung von 55 Flugzeugen im Jahr 2004 angestoßen, die japanische Fluggesellschaft und Partner in der Star Alliance hatte bei der Entwicklung des Jets sehr eng mit Boeing zusammengearbeitet.
Das Flugzeug ist nicht nur deswegen zu einem guten Teil auch ein japanisches Erzeugnis: Immerhin werden etwa 35 Prozent des Flugzeugs in Japan gefertigt, unter anderem sind die beiden japanischen Konzerne Mitsubishi und Kawasaki an der Produktion beteiligt. Und auch die speziellen Toiletten an Bord der ANA-Jets sind selbstredend mit japanischem Knowhow entwickelt worden: Sie verfügen über die dort so beliebte Bidetfunktion und markieren damit eine weitere Weltpremiere in der Flugindustrie.
Vor dem Start des Premierenflugs NH7871 von Tokio nach Hongkong feierten Gäste und Passagiere den Dreamliner mit einer traditionellen Kagami-wari-Zeremonie am Gate 59a in Narita, bei der ein Fass mit Sake geöffnet wird. Danach startete die Boeing 787 pünktlich um 12.20 Uhr in Richtung Süden, und die Passagiere genossen das neue Fluggefühl an Bord des Dreamliners. Der besondere Anlass war ein paar Passagieren in der Business Class sogar so viel wert, dass sie Tickets für den Flug auf ebay ersteigert hatten. Das teuerste wurde übrigens für knapp 32.000 US-Dollar versteigert. Den Erlös spendet ANA einer Hilfsorganisation, die sich um die Opfer der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe in Japan im März dieses Jahres kümmert.