Schon gewusst? Lufthansa hieß zuerst Luftag
Die Geschichte der heutigen Lufthansa begann tatsächlich nicht als Lufthansa. AERO INTERNATIONAL hat einen Blick in die Vergangenheit geworfen und erklärt die Historie der deutschen Airline.
Am 6. Januar 1953 – auf den Tag 27 Jahre nach der Fusion von Deutscher Aero Lloyd und Junkers Luftverkehr zur Luft Hansa, wurde die Aktiengesellschaft für Luftverkehrsbedarf (Luftag) mit einem Grundkapital von sechs Millionen Deutsche Mark gegründet. Die alte Lufthansa war 1945 mit dem Deutschen Reich untergegangen und Deutschen wurde der Besitz von Flugzeugen und der Betrieb einer Airline zunächst verboten.
Neuanfang mit Luftag
So bestand die primäre Aufgabe der Luftag zunächst darin den Neuanfang des westdeutschen Luftverkehrs nach Kriegsende vorzubereiten. Was allerdings zu diesem Zeitpunkt noch in weiter Ferne schien, da die Genehmigung durch die Westalliierten Besatzungsmächte – Frankreich, Großbritannien und den USA – ausstand.
Lufttag hat eine moderne, zuverlässige Flotte
Mit der Bestellung von zunächst vier Convair CV 340, vier Lockheed L-1049 Super Constellation und zwei Trainingsflugzeugen des Typs Saab 91 Safir legte die Luftag dennoch den Grundstein für die spätere Flotte der Lufthansa. Der Wert der acht Passagierflugzeuge, inklusive Ersatzteile, betrug 68 Millionen D-Mark und überstieg damit das Grundkapital des Unternehmens um ein Vielfaches. Eine Finanzierung des Gesamtpakets war nur über langfristige Ratenzahlungen an die Lieferanten möglich. Dass dieses Entgegenkommen der Flugzeughersteller nicht selbstverständlich war, zeigen die turbulenten Umstände rund um die Langstreckenorder.
DC-6 war erste Wahl der Luftag
Die Luftag folgte dem vom Gremium des Vorbereitungsausschusses Luftverkehr (VAL) festgelegten Grundsatz, „dass Material zu wählen sei, das sowohl erstklassig als auch völlig erprobt ist.“ Folgerichtig erteilte sie eine Kaufabsichtserklärung über vier zuverlässige Convair CV 340 für europäische Routen und ebenfalls vier erprobte Douglas DC-6 für die Langstrecke. Die DC-6 und CV 340 waren mit den identischen Antrieben ausgestattet, was einen kostengünstigen Unterhalt beider Flugzeugmuster ermöglicht hätte.
Leere Kasse bei der Luftag
Stichhaltigstes Argument für die DC-6 war jedoch ihr niedrigerer Kaufpreis im Vergleich zum Konkurrenzmuster Lockheed L-1049G. Doch die Luftag hatte für einen Kauf der Douglas-Propliner nicht genügend Geld und musste am 23. April 1953 ihr prinzipielles Interesse an den vier DC-6 Cloudmaster aufschieben.
Nur wenige Tage später, 14. Mai 1953 ergänzte ihr Aufsichtsrat, dass „durch Verhandlungen zu gegebener Zeit“ festzustellen sei, „inwieweit Forderungen der Flugzeuglieferanten und Zahlungsmöglichkeiten der Gesellschaft aufeinander abgestimmt werden können.“
Lockheed geht in Führung
Als erster Hersteller reagierte Lockheed am 22. Juni 1953 mit einem überarbeiteten Finanzierungspaket für vier Exemplare ihres Langstreckenmodells Super Constellation. Dann überschlugen sich die Ereignisse. Da sich Douglas nicht auf niedrigere Raten einlassen wollte, ermächtigte der Luftag-Aufsichtsrat nur zwei Tage später den Vorstand, Kaufverträge über vier L-1049 abzuschließen.
Super Constellation statt DC-6
Nach zwei weiteren Tagen war der Handel perfekt. Zur größten Überraschung von Lockheed – und dem ungläubigen Staunen der geschlagenen Douglas-Werke. Diese konnten den Verlust des sicher geglaubten Auftrags selbst im August 1953 noch nicht fassen, als Douglas verbesserte Offerten für die DC-6 nachreichte. Doch die Entscheidung für die zweifelsohne wesentlich elegantere „Super Connie“ war bei der Luftag fast über Nacht – und unwiderruflich gefallen.
Technik an der Elbe
Neben der Bestellung von acht Passagierflugzeugen und zwei Übungsmaschinen vereinbarte die Luftag mit dem Hamburger Senat, dass die Technikabteilung der jungen Airline ihren Sitz am Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel haben soll. Dies hatte für Hamburg den angenehmen Nebeneffekt, dass jeder Langstreckenflug in der Hansestadt seinen Anfang nahm und auch dort wieder endete.
Wartungsintensive Flotte
Der Grund war der intensive Wartungsbedarf der Lockheed L-1049G-Flotte, die nach jedem Einsatz in den Technikhallen gründlich gecheckt und oft auch instandgesetzt werden musste. Vor allem die störanfälligen Kolbenmotoren der „Super Connies“ galt es in kurzen Intervallen zu inspizieren und nicht selten auszutauschen. Und oft machte die L-1049G ihrem Spitznamen der „schönsten Dreimotorigen der Welt“ alle Ehre, wenn sie mit einem stillgelegten Curtiss-Wright-Motor in Hamburg eintraf.
Aus Luftag wird Lufthansa
Im Sommer 1954 rechnete Luftag-Vorstandsvorsitzender Hans M. Bongers mit der Betriebsaufnahme seiner Airline im Frühjahr 1955. Äußeres Zeichen für den bevorstehenden Start war die Umbenennung der Luftag in Deutsche Lufthansa Aktiengesellschaft.
Die Luftag erwarb dafür das Namensrecht, das Firmenlogo mit dem markanten Kranich der einstigen DLR und anderen Symbolen für 30000 Deutsche Mark von der Deutschen Lufthansa AG in Liquidation. Die „alte“ Lufthansa aus dem Jahr 1926 wurde erst am 18. November 1965 endgültig aus dem Handelsregister gelöscht.
Der Tradition bewusst
Der zweite Jahresbericht 1954 der Deutschen Lufthansa schreibt zu diesem historischen Ereignis: „Unsere Gesellschaft wird bemüht sein, sich dieses Namens würdig zu erweisen. Eine Rechtsnachfolge der alten Lufthansa, die sich in Liquidation befindet, besteht nicht. Gleichzeitig wurde eine Änderung des Gesellschaftszwecks in die Wege geleitet. Gegenstand des Unternehmens ist nunmehr der Luftverkehr im In- und Ausland sowie der Betrieb aller mit der Luftfahrt und ihrer Förderung zusammenhängenden Geschäfte und Einrichtungen. Die Firmenänderung wurde im Handelsregister am 20. August 1954, die Änderung des Geschäftszwecks – nach Erfüllung der politischen Voraussetzungen – am 9. Mai 1955 eingetragen.“
Lufthansa: Es geht los!
Im Einvernehmen mit der Alliierten Hohen Kommission erteilte Bundesverkehrsminister Seebohm am 1. März 1955 die Genehmigung zur Aufnahme eines Probeverkehrs in Westdeutschland. Der kommerzielle innerdeutsche Flugverkehr wurde ab 1. April, Flüge innerhalb Europas ab 15. Mai – und der Transatlantikverkehr in die USA ab dem 1. Juni 1955 genehmigt. Nur sieben Tage später startete die erste Lufthansa Super-G-Constellation nach New York.