Heart Aerospace: ES-30 soll elektrisch mit 30 Passagieren fliegen
Das elektrohybride Regionalflugzeug ES-30 wird jetzt als „Iron Bird“ am Boden getestet. Das schwedische Projekt gilt als aussichtsreich und vergleichsweise weit fortgeschritten.
Anders und Klara Forslund haben wahrlich große Ziele. Schließlich plant die von ihnen in Schweden gegründete Heart Aerospace, „das umweltfreundlichste, erschwinglichste und zugänglichste Verkehrsmittel der Welt zu schaffen“. Ursprünglich als Neunzehnsitzer konzipiert, soll die jetzt für 30 Passagiere ausgelegte ES-30 im Jahr 2028 die Musterzulassung erhalten.
Regionalflugzeug soll als Hybrid fliegen
Das Regionalflugzeug ist als Hybrid ausgelegt. Es kann entweder ausschließlich mit in Batterien gespeicherter Energie oder mit zugeschalteten Turbogeneratoren betrieben werden. Letztere benötigen Kerosin oder nachhaltigen Treibstoff (SAF) und erzeugen Strom für das Bordnetz. Angetrieben wird die ES-30 von vier Elektromotoren, denen Fünfblattpropeller vorgeschaltet sind.
Die geplante Reichweite der ES-30 beträgt im vollelelektrischen Betrieb magere 200 Kilometer. Werden die Generatoren im Hybrid-Modus zugeschaltet, soll sich die Reichweite mit 30 Fluggästen auf 400 Kilo- meter verdoppeln – bei Berücksichtigung aller vorgeschriebener Reserven. Auf eine künftige, wesentlich leistungsfähigere Batteriegeneration hoffend, plant das Heart-Aerospace-Team gegen Ende des kommenden Jahrzehnts mit einer vollektrischen Reich- weite von 400 und einer Hybrid-Reichweite von 600 Kilometern.
Aktueller Sitz von Heart Aerospace sind Flugzeughallen am Göteborger City-Flughafen Säve. Was einst als ein optimaler Standort erschien, erweist sich jetzt als Problem. Die Flugplatzeigner haben im vergangenen Jahr beschlossen, den Airport komplett für den Flugbetrieb zu schließen. Bereits seit 2015 ist kein Linienflugverkehr mehr zulässig, da Start- und Landebahn sowie Rollwege renovierungsbedürftig sind. Kosten, die der Eigner, eine Grundstücksgesellschaft, nicht bereit ist zu tragen.
Umzug nach Halmstad?
Auf der Suche nach einem neuen Zuhause hat Heart Aerospace eine Absichtserklärung mit der Kommune Halmstad unterzeichnet. Wie der Flugzeughersteller gegenüber AERO INTERNATIONAL erklärt, laufen aktuell Gespräche über die mögliche Ansiedlung von Forschung und Entwicklung, Flugtests und Endmontage des Unternehmens am Flughafen der südschwedischen Stadt am Kattegat. Beide Parteien arbeiten zwar auf eine endgültige Vereinbarung hin, doch wurde noch kein bindender Vertrag unterzeichnet. Ungeachtet dessen gehen die Entwicklungsarbeiten an der ES-30 in Göteborg weiter.
Bereits fertiggestellt und aktiv genutzt ist ein von Heart Aerospace „Integrated Test Facitlity“ (ITF) genanntes Gestell. Das üblicherweise in der Luftfahrtbranche als „Iron Bird“ (Eisenvogel) bezeichnete Vehikel in Originalgröße der ES-30 dient laut Flugzeughersteller künftigen Systemintegrationstests und funktionalen Tests diverser Systeme. Für die Flugsteuerung werden im ITF Computer und Aktuatoren installiert. Eigene Prüfstände sind hingegen für die Batterien und den Antrieb vorgesehen.
Neue Finanzierungsrunde
Kürzlich gab Heart Aeropace bekannt, dass das Unternehmen im Rahmen einer neuen Finanzierungsrunde weitere 107 Millionen US-Dollar akquirieren konnte. Damit steigt das externe Investmentkapital auf 145 Millionen US-Dollar. Dabei handelt es sich diesmal um eine Finanzierungsrunde der Serie B. Diese dient dazu, wachsende Startups, die die Gründungsphase überstanden haben, auf die nächste finanzielle Stufe zu heben.
Zu den Heart-Investoren gehört Sagitta Ventures, ein dänischer Investor, der sich auf Startups fokussiert. Zudem haben sich Air Canada, Breakthrough Energy Ventures, European Innovation Council Fund, EQT Ventures, Lowercarbon Capital, Norrsken VC, United Airlines und Y Combinator an Heart Aerospace beteiligt. Die jetzt eingenommenen 107 Millionen US-Dollar plant das Unternehmen vor allem in die Weiterentwicklung der gemeinsam mit BAE Systems konzipierten ES-30-Batterien zu investieren.
Die Mission von Heart Aerospace
Anders Forslund kommentiert die neuerliche Investmentrunde mit den Worten: „Diese Investition unterstützt unsere Mission, den Flugverkehr zu dekarbonisieren und zu demokratisieren. Das steckt weltweit noch in den Kinderschuhen.“
Seine ES-30 sieht Forslund als wichtigen Beitrag, um die Verpflichtung der Luftfahrtbranche zu erfüllen, bis 2050 keine Emis- sionen mehr zu verursachen. Die einzige Möglichkeit sei, das enorme Wachstum des Luftverkehrs von seinen Emissionen zu entkoppeln, so der Heart-Gründer. Es überrascht nicht, dass er der eigenen ES-30 eine bedeutende Rolle auf diesem herausfordernden Weg zuspricht.