Pilatus Aircraft: Leidenschaft für raue Pisten
Die Nachfrage nach den vielseitig einsetzbaren Flugzeugen aus der Schweiz ist hoch. Der Jet PC-24 ist besonders beliebt.
Die einmotorige Turboprop PC-12 ist nicht nur das Flugzeug, für das der Schweizer Hersteller Pilatus am bekanntesten sein dürfte. Esist auch das meistverkaufte Flugzeug seiner Klasse. Rechtzeitig zur EBACE wurde nun das 2000. Exemplar der PC-12 ausgeliefert – oder besser des PC-12, denn in der Schweiz haben Flugzeuge den männlichen Artikel.
Pilatus nach einem Berg benannt
So verwundert es nicht, dass der PC-12 ebenso wie der Pilatus-Jet PC-24 ihren Käufern lange Wartezeiten abverlangen. In Stans im Schweizer Kanton Nidwalden werden schließlich Flugzeuge mit Alleinstellungsmerkmal gebaut. Sie können – bei einem Jet besonders ungewöhnlich – auf kurzen unbefestigten Pisten landen. Und sie haben beide hinten links im Rumpf eine große Luke, die zur Kabine öffnet und das Verladen großer Fracht ermöglicht. So hat der Flugzeugbauer 2022 sein bestes Ergebnis erzielt und 133 Flugzeuge ausgeliefert.
Seit Gründung der Firma 1936 wurden nunmehr 4400 Flugzeuge überwiegend in Sichtweite des Bergmassivs Pilatus hergestellt, nach dem die Firma benannt ist. PC-12 sowie PC-24 werden für Überwachungsflüge, in der Ambulanz und für Personentransporte eingesetzt. Weltbekanntheit errang die PC-12, weil sie in Australien vom Royal Flying Doctor Service geflogen wird, der auch im Outback auf Staubpisten landet. Auch die PC-24 ist dort inzwischen in Betrieb.
Pilatus bis heute konkurrenzlos
Am 31. Mai 1991 hob erstmals eine PC-12 vom Pilatus-Werksflugplatz bei Stans ab. Ob der Plan aufgehen würde, ein Reiseflugzeug mit nur einer Propellerturbine anzubieten, wusste zu der Zeit niemand. Oscar J. Schwenk, damals Chef des Unternehmens, berichtet, Experten hätten ihm prophezeit, er werde keine fünf Flugzeuge dieses Typs verkaufen. Der damalige Patron zeigte sich unbeirrt und hielt mutig an den Plänen fest – zu recht, wie sich bald zeigt.
Einen direkten Konkurrenten hat die PC-12 bis heute nicht. Andere Turboprop-Singles wie Dahers TBM 960 oder Pipers M600 sind kleiner. Cessnas Caravan hat keine Druckkabine. Nun jedoch soll es bald Wettbewerb geben: Der US-Hersteller Textron baut eine Turboprop namens Denali, die wie ein Klon der PC-12 aussieht. Ob der 2022 zum Erstflug gestartete Abklatsch dem Original gefährlich werden kann.
Landung am Lido
Zu Beginn der Entwicklung ihres ersten Businessjets vor zwölf Jahren war den Verantwortlichen in Stans klar, dass ihr neuer Zweistrahler mehr bieten muss als die etablierten Wettbewerber. Das Alleinstellungs- merkmal: Die PC-24 ist der einzige moderne Businessjet, der eine Zulassung für das Star- ten und Landen auf unbefestigten Pisten hat, also auf Schotter-, Sand- und Grasbahnen. Die erste Landung des Zweistrahlers 2019 auf der Graspiste des kleinen Flugplatzes Lido di Venezia bei Venedig sorgte weltweit für Furore.
200 Exemplare des Jets, der die große Frachtluke von der PC-12 übernommen hat, sind in fünf Jahren ausgeliefert worden. Und dies, obwohl der Markt der sogenannten leichten Businessjets für etwa acht Passagiere seit Jahrzehnten heiß umkämpft ist. Platzhirsche im Segment sind Cessna mit seinen Citation-Modellen und der brasilianische Hersteller Embraer mit Phenom-Jets der Baureihen 100 und 300.
Wichtig in der Klasse leichter Jets: Der PC-24 besitzt wie manche Wettbewerber eine sogenannte Single-Pilot-Zulassung. Dies bedeutet, dass ein einziger Pilot allein die Maschine fliegen darf. Das ist zum Beispiel für Owner-Pilots interessant, also für Besitzer, die ihr Flugzeug selbst fliegen. Die PC-24 gibt es auch in einer Variante als Ambulanzflugzeug.
Trainer für das Militär
Seine Anfänge hatte Pilatus eigentlich in der Produktion von Militärtrainern. Bis heute werden Turboprops mit Sitzen in Tandeman- ordnung hergestellt, auf denen Militär-Piloten in vielen Ländern der Welt auf ihren Dienst in Kampfjets vorbereitet werden.
1957 entsteht ein erstes ziviles Mehrzweckflugzeug: die PC-6 Porter. Robust sollte sie sein, überall und mit hoher Nutzlast betrieben werden können und mit beson- ders kurzen Start- und Landebahnen auskommen. Anfangs ist die Pilatus Porter mit einem 340 PS starken Kolbenmotor ausgerüstet, später folgt die Turbo-Porter mit Propellerturbine und der daraus resultierenden, charakteristisch langen Nase.
Angesichts guter Flugleistungen werden andere Firmen auf das Erfolgsmodell aufmerksam. Der Flugzeugbauer Fairchild-Hiller produziert ab 1965 im US-Staat Maryland 92 Exemplare der Turbo-Porter. Die PC-6 wurde das erste mit Lizenz im Ausland hergestellte Flugzeug aus der Schweiz. Fast 600 Porter und Turbo-Porter sind so entstanden. Nahezu die Hälfte von ihnen fliegt noch heute. Die Karriere endet 2019 nach 60-jähriger Erfolgsgeschichte. Um mehr Kapazität für den Businessjet PC-24 zu haben, wird der Bau der Porter eingestellt.
Mit einem Umsatz von 1,3 Milliarden Schweizer Franken, einem Betriebsergebnis von 226 Millionen und einem Bestelleingang von 1,6 Milliarden konnte das Ergebnis gegenüber den Vorjahren erneut gesteigert werden. Rund 2600 Mitarbeiter, darunter 144 Auszubildende sind bei Pilatus beschäftigt. Der Nettoertrag lag 2022 bei 226 Millionen Franken.
Die EBACE in Genf ist für die Schweizer natürlich ein „Heimspiel“, sie sind dort mit PC-12 und PC24 vertreten.