Das Miniatur Wunderland in Hamburg ist ein echter Besuchermagnet. Ein Highlight: der Flughafen Knuffingen. Täglich starten und landen hier rund 250 Flugzeuge. Nicht nur ein beliebter Ort für Planespotter.

Die Behauptung, in Deutschland seien Flughafenneubauten nicht mehr möglich, darf spätestens seit dem 4. Mai 2011 als widerlegt gelten. An diesem Tag nämlich wurde der Airport Knuffingen offiziell in Betrieb genommen. Vorangegangen waren jahrelange Überlegungen und eine sechsjährige Planungs- und Bauzeit, während der für rund 3,5 Millionen Euro unter anderem drei Terminals (von denen Terminal „Tango“ allerdings nur für Veranstaltungen genutzt wird), eine 14 Meter lange Start- und Landebahn sowie Wartungshangars, Feuerwachen und ein Tanklager errichtet wurden. Warum aber ist in Knuffingen gelungen, was in Berlin lange zum Scheitern verurteilt zu sein schien? Es ist wohl vor allem dem Enthusiasmus, um nicht zu sagen der grenzenlosen Hingabe der Flughafenchefs Gerrit und Frederik Braun sowie ihres Team zuzuschreiben, dass in KNF, so der griffige Drei-Letter-Code, heute jährlich bis zu 196000 Flugbewegungen zu verzeichnen sind.

Es soll allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass die Bauarbeiten im Miniatur Wunderland keinesfalls frei von Problemen waren, wofür es, wie so oft, nicht nur eine Ursache gab. Gerrit Braun, zuständig für die flugtechnischen Arbeiten, verwies im Gespräch mit Aero International schmunzelnd darauf, dass die für das eigentliche Bauvorhaben Verantwortlichen angesichts zahlreicher Schwierigkeiten froh darüber waren, dass es auch auf Brauns Seite nicht immer rund lief. Sie seien also nicht allein schuld an der Verschiebung des Eröffnungstermins von Anfang 2010 auf Mai 2011.

Flughafen Knuffingen ist im Miniatur Wunderland Hamburg zu bestaunen

Doch das ist Vergangenheit; der Betrieb läuft mittlerweile rund. Etwa alle 90 Sekunden startet oder landet ein Flugzeug. Viel größer dürften die Abstände auch gar nicht sein angesichts von Betriebszeiten, bei denen selbst die Nachtflugregelung am Frankfurter Flughafen großzügig erscheint. Normalerweise wird in Knuffingen nur zwischen 9.30 und 18 Uhr geflogen, einzig während der Sommersaison ist der Flughafen maximal von 8 bis 23 Uhr geöffnet. Täglich starten und landen rund 250 Flugzeuge.

Beeindruckend und sicherlich mit verantwortlich für die hohe Zahl von Spottern rund um das Flughafengelände ist die große Vielfalt der hier vertretenen Airlines. Dazu gehören neben den heimischen Schwergewichten wie Lufthansa, Condor und TUIfly auch bekannte ausländische Namen wie Aeroflot, British Airways oder Thai Airways International. Letztgenannte setzt nach Knuffingen sogar die A380 ein. Generell jedoch lassen sich Großraumflugzeuge  – abgesehen beispielsweise von 747-400 der KLM und der Lufthansa, A340 – eher selten in KNF blicken. Es dominiert – wie bei einer Stadt dieser Größenordnung und einem Flughafen ohne Drehkreuzfunktion nicht anders zu erwarten, das Kurz- und Mittelstreckensegment mit Flugzeugen der A320- und 737-Familien sowie Regionaljets.

Zahlreiche Spotter besuchen den Flughafen Knuffingen im Miniatur Wunderland

Die Beliebtheit des Airports bei zahllosen Luftfahrtenthusiasten rund um den Globus hat jedoch vor allem eine Ursache: die Concorde. Knuffingen ist der einzige Flughafen, auf dem das legendäre Überschall-Verkehrsflugzeug noch regelmäßig eingesetzt wird. Diese Exklusivität ist vermutlich der Grund, dass Proteste von Anwohnern trotz des beträchtlichen Lärms und der stadtnahen Lage des Flughafens eher eine Ausnahme darstellen. Flughafenchef Gerrit Braun scheint die Geräuschkulisse ebenfalls nicht zu stören: Sein Haus steht unmittelbar neben dem das Gelände umgebenden Zaun.

Nicht unbedingt zu den leisteten Vertretern ihrer Zunft zählen auch die in KNF zahlreich vertretenen Frachter bis hin zum vierstrahligen Riesen AN-124. Dass die mitunter nicht mehr ganz taufrischen Cargo-Flieger immer wieder für eine Überraschung gut sind, zeigte sich während des Aero-International-Besuchs. Eine AN-12 meldete beim Anflug aus Osten auf die Landebahn 26 Probleme. Die allerdings erwiesen sich dann glücklicherweise als nicht so schwerwiegend, und die Viermot konnte die Runway auch ohne die Hilfe der umgehend ausgerückten Flughafenfeuerwehr sicher verlassen.

Großteil der Starts und Landungen erfolgt in Richtung Westen

Das Gros der Starts und Landungen, etwa 60 Prozent, erfolgt in Richtung Westen. Das ist weniger den vorherrschenden Winden geschuldet als vielmehr den bereits erwähnten zahlreichen Spottern. Die lange Reihe der auf den Start wartenden Flugzeuge wirkt in diesem Fall einfach beeindruckender. Ohnehin tut man in Knuffingen eine Menge für die Luftfahrtenthusiasten. Praktisch das ganze Gelände ist rundherum einsehbar, regelmäßig gibt es zudem Führungen auch hinter den Kulissen. Das spiegelt sich in der Zahl der Besucher wider: Rund 1,2 Millionen nichtfliegende Gäste werden jedes Jahr gezählt – mit steigender Tendenz.

Wie es sich für einen modernen Airport gehört, ist KNF bestens mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Es gibt eine S-Bahn zum Hauptbahnhof, aber auch einige Fernzüge halten am unterirdischen Flughafenbahnhof. In dieser Hinsicht besteht also aktuell kein Handlungs-, sprich: Baubedarf, so wie man ohnehin feststellen muss, dass der Flughafen in der aktuellen Form gut für die Zukunft gerüstet scheint. Größere (Neu-)Baumaßnahmen stehen Gerrit Braun zufolge deshalb auch nicht auf dem Plan, obwohl auch in Knuffingen die Low-Cost-Airlines mit ihren mitunter stark differierenden Anforderungen an die Infrastruktur an Bedeutung gewinnen.

Der Flughafen Knuffingen im Miniatur Wunderland hat ein innovatives Rollführungssystem

Flughafen Knuffingen
Das Vorbild ist unverkennbar: Terminals und Parkhäuser in Knuffingen im Miniatur Wunderland ähneln denen in Hamburg auf verblüffende Weise.

Allenfalls ein nicht mehr genutztes Parkhaus könnte demnächst dem Erdboden gleich gemacht werden, und das – man halte sich fest – nur deshalb, weil am Hamburger Flughafen ein vergleichbares Bauwerk der Abrissbirne zum Opfer gefallen ist! Wenn man den Verantwortlichen in Knuffingen einen Vorwurf machen kann, dann den, dass sie es bei der Auslegung des Airports an Fantasie mangeln ließen. Terminals, Parkhäuser und Wartungshangars sind nahezu 1:1 denen in der Hansestadt nachempfunden.

Deutlich innovativer war man dagegen an anderer Stelle. So hat man aus der Not – große Zahl von Flugbewegungen bei vergleichsweise wenig Platz – eine Tugend gemacht und ein äußerst innovatives Rollführungssystem entwickelt, das durchaus auch für größere und bekanntere Airports ein Vorbild sein könnte.

Daher ist dem Flughafenmanagement auch vor weiterem Verkehrswachstum nicht bange. Und der nächste Kandidat steht auch schon in den Startlöchern. United Airlines wird mit Boeing 757-200 Nonstop-Dienste über den Atlantik anbieten.

  • Airport-Poträt Knuffingen im Miniatur Wunderland Hamburg
Flughafen Knuffingen
Rund 110 Ziele weist der Knuffinger Flugplan gegenwärtig aus.

Beim Knuffingen Airport handelt es sich um den achten und damit jüngsten Bauabschnitt des Miniatur Wunderlands, das im Jahr 2000 von den Zwillingen Frederik und Gerrit Braun, deren Vater Jochen W. Braun und dem gemeinsamen Freund Stephan Hertz in der Hamburger Speicherstadt ins Leben gerufen wurde. Zwischen Juni 2005 und Mai 2011 wurden rund 150000 Arbeitsstunden und 3,5 Millionen Euro aufgewendet, um auf einer Fläche von 150 Quadratmetern den Modellflughafen Knuffingen und die direkte Umgebung zu errichten. Inklusive der Terminals entstanden 75 Häuser und Brücken; 40 „fliegende“ und zehn statische Flugzeuge sorgen ebenso für Leben auf der Anlage wie 15000 Figuren und 4500 Autos, davon allein 4000 in den diversen Parkhäusern. Und weil der Airport Knuffingen Teil der größten Modelleisenbahn der Welt ist, gibt es in diesem Abschnitt natürlich auch Gleise (mit einer Länge von 1000 Metern), Weichen (150 an der Zahl) und Züge (40 mit zusammen 600 Waggons).
Absoluter Clou des Modellflughafens sind jedoch eine ausgeklügelte Vorrichtung, die täuschend echt erscheinende Starts und Landungen ermöglicht, und die vollautomatische Steuerung des gesamten Flughafenbetriebs über eine von Gerrit Braun selbst entwickelte Software.

Dieser Artikel stammt aus dem Heft AeroInternational 9/2015 von Achim Figgen.