Im Norden Thailands, weit weg von den Inseln, versinkt man auf einem Roadtrip im satten Grün der Berge und Reisfelder. Dabei lernt man das Land von einer weitgehend unbekannten Seite kennen. Chiang Mai (dpa/tmn) – Thailand besteht in der Wahrnehmung vieler Reisender aus Inseln wie Ko Samui, Ko Phangan und Phuket. Backpacker weichen oft nach […]

Im Norden Thailands, weit weg von den Inseln, versinkt man auf einem Roadtrip im satten Grün der Berge und Reisfelder. Dabei lernt man das Land von einer weitgehend unbekannten Seite kennen.

Thailand besteht in der Wahrnehmung vieler Reisender aus Inseln wie Ko Samui, Ko Phangan und Phuket. Backpacker weichen oft nach Laos, Myanmar und Kambodscha aus. Wie schade!

Denn gerade der Norden Thailands hat landschaftlich und kulturell viel zu bieten. Und er ist touristisch noch nicht überlaufen. Wer sich dort auf ein Reiseabenteuer einlassen möchte, der begibt sich auf den sogenannten Mae Hong Son Loop – mit einem Motorrad.

In Chiang Mai beginnt das Abenteuer

Der optimale Startpunkt für eine Reise durch den Norden Thailands ist Chiang Mai, die größte Metropole der Region. Wobei Metropole der falsche Ausdruck ist, denn Wolkenkratzer sucht man hier vergebens.

Man muss nicht hoch hinaus, um sich in einer der wenigen Dachterrassen-Bars einen Überblick zu verschaffen. Lediglich drei Etagen sind es zu Fuß, um in der Oasis-Bar eine unverbaute Panorama-Aussicht auf Chiang Mai zu bekommen.

Bei einem Schluck lokalen Bieres zeigt sich die besondere Lage der Stadt: Einen Steinwurf entfernt erheben sich die ersten Berge. Selbst von der Altstadt aus ist man in einer Viertelstunde in der Natur. Da kann kaum eine Großstadt mithalten.

Warum aber die Schönheit der Natur nur aus der Ferne erhaschen, wenn man ein paar Tage in ihr versinken kann? Am besten gelingt das auf dem Mae Hong Son Loop, eine mindestens siebentägige Rundreise, die in Chiang Mai beginnt und endet. Dazwischen liegen 1200 Kilometer.

Knatternd über den Standstreifen

Ganz Fitte spulen die Strecke auf dem Fahrrad ab. Wer es lieber bequem und klimatisiert mag, mietet sich ein Auto. Der goldene Mittelweg ist eine Reise auf dem Motorrad oder Motorroller. Letzterer bietet den großen Vorteil, dass man sein Gepäck unter dem Sitz verstauen kann, geschützt vor tropischen Regenschauern.

Es ist empfehlenswert, den Mae Hong Son Loop im Uhrzeigersinn zu fahren, denn so baut sich der Streckenverlauf dramaturgisch schöner auf. Damit verlässt man Chiang Mai auf der Landstraße 106.

Als Motorradfahrer nutzt man oft den Standstreifen, um entweder am langsam fließenden Verkehr vorbeizuziehen oder um Autos das Überholen zu erleichtern. Besonders in besiedelten Gebieten muss man hellwach sein, schnell kann jemand aus dem Nichts auf dem Standstreifen auftauchen. Oft sind es Hunde, die vom Verkehr unbeeindruckt die Fahrbahn passieren. Unaufmerksamkeit kann schnell zum Verhängnis werden, nicht nur für die Vierbeiner.

Zu Besuch im Homestay bei Mister William

Spätestens hinter dem Khruba Sriwichai Monument, einem riesigen Mönch in goldener Farbe, verdichtet sich die 106 zu einem intensiven Erlebnis aus Kurven und Hügeln, gesäumt von Reisfeldern und wilder Natur. Nach rund 200 Kilometern erreicht man Thoen. Es ist der ideale Ort für eine Übernachtung, zumal sich hier ein privates Homestay der besonderen Art befindet.

Mister William, wie der Gastgeber gerne genannt werden möchte, hat sich ein Haus komplett aus Teakholz bauen lassen. Zusätzlich legte der Botaniker im Ruhestand einen tropischen Garten an, der einem den Atem verschlägt. Eine Ruheoase, die nur ab und zu durch den Gesang der Mönche im benachbarten Tempel spirituell zum Leben erwacht.

Der Hausherr lebt alleine und freut sich, wenn er eines seiner beiden Gästezimmer Reisenden anbieten kann. Stolz zeigt der 69-Jährige dann seine kleine Privatschule im Vorgarten, wo er und weitere Lehrer Kindern Nachhilfeunterricht in Englisch und Mathe geben.

Mister William unternimmt mit seinen Gästen auch gerne kleine Touren im Auto durch Thoen, zeigt ihnen die Gegend. «Wir haben viele schöne Tempel hier. Das liegt daran, dass jeder Stadtteil den eindrucksvollsten Bau haben möchte», sagt der Gastgeber.

Auf den Spuren der Karen-Minderheit

Vorbei an den Tempeln verlässt man Thoen auf der Landstraße 1102 Richtung Tak. Die alte Verbindungsader wurde mittlerweile durch andere Straßen ersetzt. Und so kommt man als Biker in den vollen Genuss der Landschaft bei wenig Verkehr. Saftige, grüne Reisfelder reihen sich aneinander, während am Horizont die Berge der Nationalparks ihre Konturen zeigen.

Von Tak aus wechselt man auf die Schnellstraße Nummer 12, die durch die Berge bis an die Grenzstadt Mae Sot führt. Direkt an der Grenze zu Myanmar, wo Tausende birmanischer Flüchtlinge leben, trifft man einen einzigartigen Mix der Kulturen an.

Viele der Birmanen, meist der Karen-Minderheit zugehörig, arbeiten auf Feldern und Märkten, in Werkstätten und Restaurants. Man erkennt sie an ihren traditionellen Thanaka-Bemalungen im Gesicht. Die gelbliche, aus einer fein geriebenen Baumrinde gewonnene Paste dient nicht nur als Sonnenschutz, sondern ist auch schmückendes Make-up.

An der Freundschaftsbrücke zwischen Myanmar und Thailand wird deutlich, was die Karen nach Mae Sot geführt hat: Es sind die Armut und der marode Zustand ihres Landes. Denn auf der anderen Seite, entlang des Moei-Flusses, liegt die Stadt Myawaddy mit ihren zerfallenen Häuserfronten. Unvorstellbar, dass dort noch Menschen hausen. Doch es ist die bittere Realität.

Immer an der Grenze zu Myanmar entlang

Von Mae Sot aus geht es auf der 105 weiter Richtung Norden. Während man entlang des Moei-Flusses auf einer der eindrucksvollsten Straßen Thailands unterwegs ist, passiert man Mae La. Hier leben rund 50 000 Karen-Flüchtlinge. An einem Bergmassiv wirken die dicht besiedelten Bambus-Hütten wie ein idyllisches Dorf – doch es handelt sich um ein Flüchtlingscamp. Der Stacheldrahtzaun verrät es.

Von der 105 geht es auf die 108, über die man schließlich Mae Hong Son erreicht. Schon kurz vor der Ankunft ahnt man, warum dieser Ort der Rundreise ihren Namen gab. Auf dem Weg dorthin bilden Berge und Täler ein spektakuläres landschaftliches Ensemble.

Mae Hong Son selbst liegt in einem Bilderbuch-Tal. Den besten Blick darauf hat man vom Tempel Wat Phra That Doi Kong Mu. Zwischen zwei Löwen-Statuen schaut man auf die Dächer der Stadt, den Flughafen und natürlich die Bergkette, an der sich oft Nebelschwaden bilden.

Doch auch der weiße Tempel ist eine Attraktion für sich, insbesondere bei Anbruch der Dunkelheit, wenn ihn warmes Licht durchdringt und so für eine magische Stimmung sorgt.

Spirituelle Erfahrungen im buddhistischen Kloster

Wer sich nach ein paar Tagen an Mae Hong Son sattgesehen hat und eine spirituelle Erfahrung machen möchte, der muss nur etwas weiter nördlich reisen. Nach rund 40 Kilometern erreicht man Wat Pa Tam Wua. Es ist eines der schönsten buddhistischen Klöster Thailands. Das ganze Jahr über werden unangemeldete Gäste aufgenommen.

Unterkunft, Kleidung und Mahlzeiten stehen kostenlos zur Verfügung. Weil sich auch dieses Kloster über Spenden finanziert, ist eine Gabe am Ende des Besuchs selbstverständlich.

Um in die buddhistische Meditationslehre einzusteigen, sollte man Anpassungsfähigkeit, Offenheit und Demut mitbringen. Zudem ist der Tagesablauf im Kloster strikt reglementiert. Dazu gehören feste Meditationszeiten, rituelle Aufgaben wie das Reichen der Speisen an die Mönche sowie gemeinnützige Arbeit. Als Lohn winken ein freier und reiner Geist. Da fällt auch das Aufstehen um fünf Uhr morgens leicht.

Kulinarische Höhepunkte in Pai

Nach der Klostererfahrung geht es zur letzten Station der Rundreise. Die Kleinstadt Pai liegt etwa 70 Kilometer von Wat Pa Tam Wua entfernt. Sie entwickelte sich in den letzten Jahren zu einem Backpacker-Paradies mit einer erstaunlichen Vielfalt an Restaurants, Bars, Yoga-Studios, Homestays und Hostels. Geprägt von Hippie-Flair und alternativem Lifestyle entstand ein kulturelles Kleinod, das mittlerweile nicht nur Backpacker anzieht.

Auch kulinarisch erlebt man hier Besonderes. So bekommt man bei Bom Bowl die besten Smoothie-Bowls und Matcha-Pancakes weit und breit. Und gleich um die Ecke lockt das Two Sisters mit birmanischen Leckereien wie dem Tealeaf-Salat.

Viele Reisende berichten, wie sie in Pai mehrere Wochen oder gar Monate hängen geblieben sind. Doch als Biker kann man sich auf den Abschied freuen, denn die Landstraßen 1095 und 1096, die zurück nach Chiang Mai führen, gehören zu den kurvenreichsten und aufregendsten Thailands. Besonders bei Nässe sind sie jedoch mit Vorsicht zu genießen. Am Ende kommt man wieder in Chiang Mai an.

Die gesammelten Erfahrungen und Eindrücke sind so überwältigend, dass man ein paar Tage braucht, um sie zu verarbeiten – und dafür bietet sich dann vielleicht eine der hübschen Inseln an.

Info-Kasten: Thailands Norden

Klima und Reisezeit: Das Klima ist tropisch. Die Monate von Februar bis April sind denkbar schlecht für eine Reise durch Nordthailand. In der sogenannten Burning-Season werden Felder und Berghänge wochenlang abgebrannt, um sie für die nächste Anbausaison vorzubereiten. Der stickige Qualm macht der ganzen Region zu schaffen. Von Juni bis September ist wiederum Regenzeit. Straßen werden gefährlich oder komplett unpassierbar. Die Zeit von Oktober bis Januar eignet sich mit angenehmen Temperaturen und wenig Niederschlag am besten für einen Road-Trip durch den Norden des Landes.

Anreise: Chiang Mai hat einen internationalen Flughafen, Direktflüge nach Deutschland gibt es aber nicht. Zwischen Bangkok und Chiang Mai gibt es täglich mehrere Flüge. Flugzeit rund eine Stunde.

Gesundheit: Impfungen sind nicht vorgeschrieben, als Reiseimpfung empfiehlt sich Hepatitis A. Das Malariarisiko im Norden des Landes ist laut Auswärtigem Amt allenfalls gering.

Corona-Lage (12.11.): Thailand ist verhältnismäßig gut durch die Pandemie gekommen. Das Land lässt mittlerweile zwar wieder Ausländer zu touristischen Zwecken einreisen, allerdings sind die Auflagen hoch. Selbst mit einem neu eingeführten Touristenvisum ist eine zweiwöchige Quarantäne in einem dafür vorgesehenen Hotel vorgeschrieben, bevor sich Reisende im Land frei bewegen können. Nötig ist auch ein negativer Corona-Test.

Informationen: Thailändisches Fremdenverkehrsamt, Kirchnerstraße 6-8, 60311 Frankfurt am Main (Tel.: 069/13 81 39 0, E-Mail: info@thailandtourismus.de, www.thailandtourismus.de).

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