Wenn der Flieger nur auf dich wartet – Der wahre Luxus auf Flugreisen Von Christian Ebner, dpa
Auch über den Wolken sind Passagiere nicht gleich. Wer am meisten zahlt, bekommt den besten Service, das leckerste Essen und die edelsten Getränke. Doch wahrer Luxus zeigt sich an anderer Stelle. Frankfurt/Main (dpa)- «Erstklassig reisen bedeutet, stets das Außergewöhnliche erwarten zu können» – die Lufthansa wählt große Worte, um ihre First Class zu bewerben. In den […]
Auch über den Wolken sind Passagiere nicht gleich. Wer am meisten zahlt, bekommt den besten Service, das leckerste Essen und die edelsten Getränke. Doch wahrer Luxus zeigt sich an anderer Stelle.
Frankfurt/Main (dpa)- «Erstklassig reisen bedeutet, stets das Außergewöhnliche erwarten zu können» – die Lufthansa wählt große Worte, um ihre First Class zu bewerben. In den Flugzeugen des deutschen Luftverkehrskonzerns und am Boden herrscht wie bei der Konkurrenz eine strikte Trennung nach mittlerweile vier verschiedenen Buchungsklassen. Während hinten in der Economy Class das Passagiervolk in engen Reihen sitzt, soll vorne individualisierter Luxus für die bestzahlende Kundschaft herrschen. Dazwischen gibt es noch Premium Economy und Business.
Wer besonders viel reist, kann zudem über «Status-Meilen» eine Einstufung als Frequent Traveller und Senator erreichen oder an der Spitze Mitglied des so genannten «Honory Circle» werden, im Fachjargon ein «Hon». Als solchermaßen geehrter Kunde darf man auch die Einrichtungen am Boden nutzen, die Lufthansa für seine First-Gäste in Frankfurt, München, Zürich, Genf, Wien, New York und Tokio vorhält. In der Luft zählt ausschließlich das gebuchte Ticket.
Im Frankfurter First Class Terminal stehen Sterne-Küche, feinste Zigarren, eine Vielzahl von Weinen und auch mehr als 130 verschiedene Whiskeys bereit. Neben Arbeitsmöglichkeiten gibt es Tagesbetten und Bäder, alles im dezenten Luxus. Um die Formalien rund um den Flug kümmern sich persönliche Assistenten, während sich die Gäste entspannen oder anderen wichtigen Dingen widmen können.
Der Vielflieger Torsten Gründer bemerkt die wahren Vorteile seines Hon-Status aber vor allem in Krisensituationen und bei extrem knappen Anschlüssen. Schon mehrmals wurden für den Mann die eigentlich schon geschlossenen Gates noch einmal geöffnet oder der wartende Anschlussflieger per Limousinen-Shuttle über das Vorfeld gerade noch so erreicht.
An der schwarzen Hon-Karte hängen im Zweifel wichtige Termine oder ein freies Wochenende mit der Familie. Exklusive Häppchen, frische exotische Früchte oder die schier endlose Getränkeauswahl in den Lounges werden da zur Nebensache. «Wenn für alle anderen schon lange nichts mehr geht, geht für uns noch das, was überhaupt möglich ist», fasst der Stammkunde seine Erfahrungen zusammen.
Der Hon schätzt die Aufmerksamkeit, die seinen Belangen entgegengebracht wird oder auch die Annehmlichkeit einer Dusche nach einem Langstreckenflug. Zunehmend unzufrieden ist der IT-Outsourcing-Experte hingegen mit der Performance der Lufthansa-Buchungssoftware, die nach einem Update immer häufiger zusammenbreche. Und schließlich würde er auf seinen Flügen gerne Bundesliga-Fußball sehen, bekommt aber nur die international besser vermarktete Premier League aus England präsentiert. Die deutsche Liga werde von den Programmanbietern nicht geführt, sagt dazu die Lufthansa.
Die Premium-Gäste sind den Airlines trotz mancher Extrawünsche lieb und teuer. Nach Analysen des Airline-Verbands IATA sind die Ticketpreise in den Premium-Klassen inklusive der Business seit 2011 deutlich weniger unter Druck geraten als die Billig-Tickets. Die Premium-Kunden machen global zwar nur 5,2 Prozent aller Passagiere aus, stehen aber für 30 Prozent der Umsätze. Über das genaue Preisverhältnis der einzelnen Buchungsklassen untereinander schweigen sich die Airlines aus. Der Aviation-Berater Gerd Pontius geht davon aus, dass ein First-Passagier den gleichen Profit wie vier Business-Kunden oder 20 Eco-Sitze bringen kann – die in letzter Zeit häufigeren Sonderangebote für Firstplätze mal außen vorgelassen.
Die große ökonomische Bedeutung einer kleinen Kundengruppe wurde aber zunehmend zum Risiko für die Gesellschaften. «Bei kleineren Jets konnte der Verkauf der Firstplätze darüber entscheiden, ob ein einzelner Flug einen Gewinn oder einen Verlust einflog», sagt Pontius. «Die Airlines sind deutlich vorsichtiger geworden und bieten das Produkt nur noch auf Strecken an, auf denen sie mit einer stabil guten Nachfrage rechnen können.» Laut Lufthansa ist noch auf jeder dritten Langstrecke die First buchbar, andere Gesellschaften wie die niederländische KLM haben die oberste Klasse schon lange abgeschafft.
«Es ist schon die Frage, wo eigentlich die Scheichs geblieben sind», meint der Hamburger Luftfahrt-Experte Cord Schellenberg mit Blick auf die großen First-Anbieter Emirates und Etihad aus den Arabischen Emiraten. Sehr wohlhabende Kunden flögen immer häufiger mit eigenen oder angemieteten Flugzeugen auch über weite Entfernungen. «Das gilt in allen Regionen der Welt und auch für Top-Prominente, die bislang immer eine wichtige Zielgruppe des First-Angebots der Airlines waren.» Und für angestellte Manager wird die Nutzung der First wegen entsprechender Reiserichtlinien immer schwieriger. In der ersten Klasse zu fliegen ist vielen Firmen nicht nur schlicht zu teuer, sondern scheint auch aus Imagegründen nicht mehr opportun.
Stirbt die First Class also aus? Lufthansa will jedenfalls an ihrem jüngst mit fünf Skytrax-Sternen ausgezeichneten Vorzeigeprodukt festhalten und verweist auf eine wachsende Auslastung in den vergangenen Jahren. Experte Pontius glaubt an ein Überleben der First in einigen Nischenmärkten. Die Musik spiele allerdings woanders: «Der Wettstreit um die Qualität wird in der Business Class ausgetragen. Dort finden die großen Investitionen statt, indem das Produkt individualisiert wird und der Komfort erhöht wird.»
«Man muss der First nicht groß nachweinen, denn heute fühlen sich gute Business-Klassen fast genauso an», meint auch Schellenberg. Qatar liege richtig mit dem flexiblen Angebot, zwei oder vier Business-Sitze zu kleinen Kabinen zusammenzuschließen. «Mehr Privatsphäre ist etwas, wofür sicher auch Menschen in der Business Class zu zahlen bereit sind.»