Flughafenchef Mehdorn sucht ein Umzugsunternehmen
Klingt wie ein Witz, ist aber keiner: In Berlin beginnt die Planung für den Umzug zum neuen Hauptstadtflughafen. Dabei gibt es noch keinen Einzugstermin. Flughafenchef Mehdorn hat seine Gründe. Schönefeld – Es wird Straßensperren geben, tonnenschwere Zugmaschinen im Konvoi – ein wenig Ausnahmezustand in Berlin. Wenn der Flugbetrieb von Tegel nach Schönefeld umzieht und der […]
Klingt wie ein Witz, ist aber keiner: In Berlin beginnt die Planung für den Umzug zum neuen Hauptstadtflughafen. Dabei gibt es noch keinen Einzugstermin. Flughafenchef Mehdorn hat seine Gründe.
Schönefeld – Es wird Straßensperren geben, tonnenschwere Zugmaschinen im Konvoi – ein wenig Ausnahmezustand in Berlin. Wenn der Flugbetrieb von Tegel nach Schönefeld umzieht und der neue Hauptstadtflughafen in Betrieb geht, wird das ganze Land hinsehen. Nichts darf dann schief gehen, nicht nach all dem Ärger, den Deutschlands berüchtigtste Baustelle schon produziert hat.
Flughafenchef Hartmut Mehdorn hat deshalb schon jetzt mit der Vorbereitung begonnen – obwohl der Umzugstermin zum drittgrößten deutschen Flughafen noch in den Sternen steht. Auch für Mehdorn ist es eine Rechnung mit vielen Unbekannten.
1500 Lastwagenfahrten werden auf der 35-Kilometer-Strecke von Tegel nach Schönefeld nötig sein, 150 Flughafennutzer sind zu koordinieren, wie es in der Ausschreibung heißt, mit der Mehdorn seit Kurzem europaweit so etwas sucht wie ein Umzugsunternehmen.
Den Umzug planen, bevor der Einzugstermin feststeht? Der zweite Schritt vor dem ersten? Nein. Denn der Vorlauf ist enorm. «Nach dem derzeitigen Planungsstand kann von einem projektbegleitendem Einsatz im Zeitraum von 53 Wochen vor und 3 Wochen nach der geplanten Flughafeninbetriebnahme ausgegangen werden», lässt Mehdorn wissen.
Zwar erlauben solche Ausschreibungen keine Rückschlüsse auf den Zeitplan, wie Flughafensprecher Ralf Kunkel betont; Termine will Mehdorn erst Ende des Jahres nennen. Der 72-Jährige betont jedoch, er besitze schon einen Zeitplan, der quasi tagesgenau sei, aber geheim bleibe, bis der Eröffnungstermin hundertprozentig sicher sei. Mehdorn beharrt: «Wir können uns keine weitere Blamage leisten.»
Seine Vorgänger hatten vier Eröffnungstermine absagen müssen. Technikprobleme, Fehlplanungen und Baumängel verhindern den Flughafenstart nun seit fast drei Jahren. Die Kosten stiegen – auch durch Vergrößerungen des Projekts – von 2 auf voraussichtlich 5,4 Milliarden Euro. Ein Start vor Herbst 2016 gilt als unwahrscheinlich.
Doch solange kann die Umzugsplanung nicht warten. Schon steht fest: Nicht alles muss erst in der «Nacht der Nächte» vor dem ersten Flugtag rüber. Die «Kernumzüge» sollen acht Wochen vorher beginnen. Mehdorn will das Vorhaben möglichst entzerren, das Konzept von 2012 soll «grundlegend überarbeitet» werden, heißt es.
Das ist schon deshalb nötig, weil Mehdorn plant, den alten Flughafen Schönefeld in Sichtweite des Neubaus doch weiterzubetreiben. Weil es im Neubau vom Start weg eng wird, soll der alte DDR-Zentralflughafen durchhalten. Ob der Plan durch den Aufsichtsrat kommt, ist aber noch offen. In der Bundesregierung gibt es Bedenken.
Schon mit seinem Plan für eine Teileröffnung des neuen Flughafens war Mehdorn in dem Kontrollgremium abgeblitzt. «Wir müssen alle schrittweise auf den Countdown einstimmen», hatte er geworben. Die Möglichkeiten, den Umzug zu entzerren, sind aber begrenzt. «Es muss alles bis zur Schließung Tegels dort bleiben, damit wir dann über Nacht umziehen können», erklärt etwa Wolfgang Weber, der Sprecher der Lufthansa, dem zweitgrößten Berliner Flughafennutzer nach Air Berlin.
Was bei einem Flughafen-Umzug schief gehen kann, hatte das Kofferchaos von London-Heathrow 2008 gezeigt. Deshalb holten sich die Berliner für 2012 die erfahrenen Experten vom Flughafen München. Mit dem reibungslosen Start des dortigen Neubaus 1992 hatten sie sich einen Namen gemacht und später weltweit Flughafen-Umzüge begleitet. Noch ist nichts entschieden, aber der Hauptstadtflughafen reizt die Münchner weiterhin. «Grundsätzlich gilt, dass wir unsere Expertise gern einbringen», sagt der Sprecher Ingo Anspach.