11.05.2014 Nirgends ist Deutschland so international wie am Frankfurter Flughafen. Am größten deutschen Drehkreuz hat die Europäische Union eine Menge mitzureden. Manches bleibt aber auch ganz in hessischer Hand. Frankfurt/Main – Europa ist am Frankfurter Flughafen für nahezu jeden Passagier zu spüren. Und sei es nur bei den Vorschriften zum Schutz vor Terrorangriffen, geregelt über […]

11.05.2014

Nirgends ist Deutschland so international wie am Frankfurter Flughafen. Am größten deutschen Drehkreuz hat die Europäische Union eine Menge mitzureden. Manches bleibt aber auch ganz in hessischer Hand.

Frankfurt/Main – Europa ist am Frankfurter Flughafen für nahezu jeden Passagier zu spüren. Und sei es nur bei den Vorschriften zum Schutz vor Terrorangriffen, geregelt über zwei EU-Verordnungen. Flüssigkeiten im Handgepäck müssen in Mini-Behältern bis höchstens 100 Milliliter in einem wieder verschließbaren Plastikbeutel verstaut sein, der maximal ein Liter Fassungsvermögen haben darf. Während die persönliche Wasserflasche verboten bleibt, dürfen zollfrei eingekaufte Flaschen mit Schnaps und Parfüm in versiegelten Beuteln mitgenommen werden.

Der Flughafen Frankfurt ist die wichtigste Schengen-Außengrenze der Bundesrepublik. Die Bundespolizei organisiert mit weit über 2000 Beschäftigten die Grenzkontrollen und ist zuständig für das Asyl-Flughafenverfahren. Die Beamten sind dabei eng an die Vorschriften des Schengener Übereinkommens gebunden.

Dem Schengenraum gehören mit der Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island auch mehrere Nicht-EU-Staaten an. Regelmäßig kommt es zu Problemen, wenn Transitreisende aus Nicht-Schengen-Staaten wie zum Beispiel Indien ihren Umsteigeflug in Frankfurt verpassen. Sofern sie kein Schengen-Visum besitzen, dürfen sie den Transitbereich des Flughafens nicht verlassen. Dort gibt es kein Hotel, sondern bestenfalls Feldbetten.

Auch wenn es um das Beladen und Betanken der Flugzeuge geht, hat Brüssel seine Hände im Spiel. Vor allem auf Druck der Airlines sollen die Dienstleister rund ums Flugzeug einem schärferen Wettbewerb ausgesetzt werden, damit die Preise sinken. Vor einigen Jahren noch war allein der Flughafenbetreiber Fraport in diesem Geschäft, musste aber auf Druck der EU einen zweiten Anbieter auf seinem Gelände zulassen. Die Löhne vieler Flughafenarbeiter seien in der Folge bis zu 30 Prozent gesunken, klagt der Gesamtbetriebsrat.

Dass die EU an Flughäfen mit mehr als 15 Millionen Passagieren jährlich nun weitere private Dienstleister zulassen will, trifft in Hessen auf breite Ablehnung. Gewerkschaften, Unternehmen wie auch die Landesregierung sehen das integrierte Geschäftsmodell des M-Dax-Konzerns Fraport bedroht. Neben drohendem Sozialdumping werden immer wieder Sicherheits- und Pünktlichkeitsprobleme genannt, wenn die eng getakteten Prozesse mit weiteren Dienstleistern abgestimmt werden müssten.

Auch die zahlreichen Logistiker am Flughafen stöhnen unter EU-Vorschriften zur Sicherheit der Luftfracht. Um den nach EU-Verordnung notwendigen Status eines «sicheren Versenders» in der Prozesskette zu erlangen, müssen etliche Auflagen erfüllt werden, der bürokratische Aufwand ist immens.

Die Grenzen der europäischen Integration sind im nahen Langen spürbar, in der Zentrale der Deutschen Flugsicherung. Nach wie vor haben die europäischen Staaten keinen einheitlichen Luftraum geschaffen. Nicht weniger als 27 nationale Flugsicherungen, die sich noch nicht einmal auf einheitliche Software einigen können, schicken die Flugzeuge über dem Kontinent gelegentlich auf abenteuerliche Zick-Zack-Routen. Die Fluggesellschaften beklagen Zeitverluste und milliardenschwere Mehrkosten für sinnlos verflogenes Kerosin.

Darüber, wer am größten deutschen Flughafen starten und landen darf, entscheidet aber trotz aller EU-Integration immer noch die Bundesrepublik Deutschland, wenn auch auf Grundlage einschlägiger Verordnungen aus Brüssel. Im Terminal 2 sitzt der Flughafenkoordinator der Bundesrepublik und wacht über die Slots – kleine Zeitfenster für Start- und Landerechte – an fünf deutschen Flughäfen mit knappen und daher zu regulierenden Kapazitäten. Neben Frankfurt und München sind das Düsseldorf, Berlin und Stuttgart.

Die Genehmigung und Aufsicht des Frankfurter Flughafenbetriebs sind hingegen Aufgabe der Regierung des Landes Hessen, das als größter Anteilseigner auch im Aufsichtsrat der Fraport AG ein gewichtiges Wort mitspricht. Die Planfeststellung für den aktuellen Ausbau mit der bereits eröffneten vierten Landebahn und dem wieder infrage gestellten dritten Terminal ist rechtskräftig, wie das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig festgestellt hat. Dennoch wird über längere Lärmpausen und die Sinnhaftigkeit des neuen Terminals erneut diskutiert. (Christian Ebner, dpa)