Mit ihrem Streik wollen die Lufthansa-Piloten ihre üppige Übergangsversorgung retten. Für die allermeisten Arbeitnehmer in Deutschland bleibt ein finanziell gepolsterter Vorruhestand ein Traum. Frankfurt/Berlin (dpa) – Lufthansa-Piloten verlassen im Schnitt mit knapp 59 Jahren ihr Unternehmen und bekommen bis zum Renteneintritt eine Übergangsversorgung von bis zu 60 Prozent ihres letzten Bruttogehalts. Die meisten Arbeitnehmer in […]

Mit ihrem Streik wollen die Lufthansa-Piloten ihre üppige Übergangsversorgung retten. Für die allermeisten Arbeitnehmer in Deutschland bleibt ein finanziell gepolsterter Vorruhestand ein Traum.

Frankfurt/Berlin (dpa) – Lufthansa-Piloten verlassen im Schnitt mit knapp 59 Jahren ihr Unternehmen und bekommen bis zum Renteneintritt eine Übergangsversorgung von bis zu 60 Prozent ihres letzten Bruttogehalts. Die meisten Arbeitnehmer in Deutschland haben keine Chance auf vergleichbare Zahlungen. Doch mit der von der Politik beschlossenen allmählichen Anhebung der Rentengrenze auf künftig 67 Jahre hat sich die Diskussion über die körperlichen und psychischen Belastungen einzelner Berufsgruppen verschärft.

Legendär sind die vom SPD-Politiker Kurt Beck in die Diskussion gebrachten DACHDECKER, von denen allgemein angenommen wurde, dass sie wegen des körperlichen Verschleißes nicht bis 67 durchhalten könnten. Doch an wissenschaftlichen Untersuchungen, welche Berufsgruppen tatsächlich besonders belastet sind, mangelt es bislang, sagt der Wissenschaftler Martin Brussig vom Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen. Klar sei aber auch: «Das jetzige Rentenrecht ist zu starr und berücksichtigt die besonderen Belastungen bestimmter Berufsgruppen nicht ausreichend.»

«Im System der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es praktisch keine berufsbezogenen Altersgrenzen», sagt Brussig. Die Versicherten werden bei beruflicher Leistungsunfähigkeit erst auf den allgemeinen Arbeitsmarkt und bei Erwerbsminderung auf die meist schmalen Erwerbsminderungsrenten verwiesen, die jeweils nur individuell gewährt werden und häufig auch nicht das Existenzminimum abdecken.

Aktuell kann der Geburtsjahrgang 1949 ohne Abschlag mit 65 Jahren und 3 Monaten in Rente gehen. Bei jedem späteren Geburtsjahrgang verschiebt sich die Grenze um einen Monat, ab Jahrgang 1959 um zwei Monate nach hinten – bis die Rente ab 67 erreicht ist. Ein Renteneintritt mit 63 bleibt aber auch künftig möglich: Voraussetzung sind 35 Jahre Versicherungsjahre. Für jeden Monat des vorgezogenen Rentenbeginns wird aber ein Abschlag von 0,3 Prozent fällig. Für Schwerbehinderte gelten günstigere Sonderregelungen.

Eine Ausnahme in der deutschen Arbeitswelt stellen die BERGLEUTE dar, die nach 25 Jahren unter Tage bereits mit 62 in Rente gehen dürfen. Der schwere und gesundheitsbelastende Beruf sollte in den 50er-Jahren attraktiv gehalten werden, erläutert Brussig diese «gesellschaftliche Honorierung» einer bestimmten Tätigkeit. Für die PILOTEN kämen Brussig zufolge regelmäßige Gesundheitschecks bei älteren Arbeitnehmern in Frage, um die Sicherheit zu gewährleisten.

Betriebsbezogene Vorruhestandsregelungen werden häufig bei tiefgreifenden Umstrukturierungen angewandt, um das Personal zu reduzieren. Bekannte Beispiele sind die einstmaligen Staatsbetriebe POST und TELEKOM, aber auch PRIVATUNTERNEHMEN steht es frei, ihren Mitarbeiter den Vorruhestand zu versüßen. Mit lukrativen Abfindungen und Frühverrentungen wird aber nur gearbeitet, wenn auch die Unternehmen einen Nutzen davon haben, Standard sind sie nicht.

Eine noch komfortablere Regelung als die Lufthansa-Piloten genießen die FLUGLOTSEN der ebenfalls einst staatlichen Deutschen Flugsicherung (DFS) mit ihrer Zentrale in Langen. Spätestens mit 55 ist für die Mitglieder der ebenfalls von einer Spartengewerkschaft vertretenen Funktionselite Schluss. Die vom Arbeitgeber allein bezahlte Übergangsversorgung greift dann mit 70 Prozent vom letzten Brutto-Gehalt. Sie wird bis zum frühstmöglichen Renteneintritt mit 63 Jahren gezahlt. Prinzipiell können Lotsen laut DFS auch schon mit 52 Jahren gehen, müssen dann aber Abschläge hinnehmen.

Seinen BEAMTEN gesteht der Staat nach einer Aufstellung des Deutschen Beamtenbundes einige Ausnahmen zu. Zwar wird auch bei ihnen analog zur gesetzlichen Rentenversicherung die allgemeine Altersgrenze auf 67 Jahre stufenweise angehoben, es gibt aber niedrigere Grenzen für Polizisten, Feuerwehrleute und Justizvollzugsbeamte. Für diese Gruppen wurde die Pensionsgrenze in den meisten Bundesländern mit Ausnahme zum Beispiel in Hamburg und Rheinland-Pfalz von 60 auf 62 hochgestuft. Verkürzungen gibt es beispielsweise für Polizisten in Spezialeinsatzkommandos. In Brandenburg müssen gehobener und höherer Dienst künftig bis 64 beziehungsweise 65 Jahre arbeiten.

Die allermeisten SOLDATEN gehen deutlich früher in den Ruhestand als die meisten Bürger: Unteroffiziere bereits mit 55 Jahren. Offiziere je nach Dienstgrad können abgestuft ab dem 56. bis 62. Geburtstag ihre Pensionen genießen. Eine besondere Ausnahme sind die Jetpiloten, die bereits mit 41 Jahren abdanken. Die Bundeswehr muss zudem nachweisen, dass die Soldaten spätestens im Jahr 2024 im Schnitt zwei Jahre später in Pension gehen, als es noch im Jahr 2007 der Fall war.