Bekommt die unendliche Geschichte doch noch ein Ende? 2020 könnte der neue Hauptstadtflughafen BER in Betrieb gehen, wird spekuliert. Doch noch hat der Aufsichtsrat über den Termin nicht entschieden. Berlin (dpa) – Werner Salomon muss es nicht mehr erleben. Aber man kann die Geschichte des langen Wartens auf den BER auch mit dem früheren Bürgermeister des […]

Bekommt die unendliche Geschichte doch noch ein Ende? 2020 könnte der neue Hauptstadtflughafen BER in Betrieb gehen, wird spekuliert. Doch noch hat der Aufsichtsrat über den Termin nicht entschieden.

Berlin (dpa) – Werner Salomon muss es nicht mehr erleben. Aber man kann die Geschichte des langen Wartens auf den BER auch mit dem früheren Bürgermeister des Berliner Bezirks Spandau beginnen – jenem Ort, wo heute Jumbos über die Hochhäuser donnern, zum alten Flughafen Tegel. Bereits 1991 hatte Salomon Zweifel.

Damals schon planten Berlin und Brandenburg den Großflughafen außerhalb der Stadt – für das Jahr 2000. Salomon aber fürchtete, dass die Berliner noch viel länger unter Fluglärm leiden müssen. Der Spandauer starb vor drei Jahren. Doch der BER ist noch immer nicht eröffnet. Drei Jahre wird es wohl noch dauern, mindestens.

Türen reparieren, Wasserrohre neu verlegen, viele kleine Mängel und einige grobe Fehlplanungen korrigieren, Anlagen testen, den Tüv durchschicken, behördliche Abnahmen bestehen und dann hoffentlich endlich ein Probebetrieb mit Tausenden Freiwilligen – so sieht der Aufgabenzettel für Engelbert Lütke Daldrup aus.

Als vierter Flughafenchef in vier Jahren kam er im Frühjahr nach Schönefeld. Lütke Daldrup sagt: «Wir haben eine Baukatastrophe beim BER, aber wir müssen in die Zukunft schauen.» Die nächsten drei Jahre würden an den Altflughäfen Tegel und Schönefeld keine leichte Zeit, bemerkte er schon vor Wochen. Nun könnte daraus ein Plan werden: Eröffnung des BER im Herbst 2020, so wird spekuliert.

Zu Beratungen darüber hat sich am Freitag der Aufsichtsrat getroffen, bis zum Nachmittag drang nichts nach außen. Die Skepsis ist nach einer Reihe abgesagter Termine groß. «Ich glaube Ihnen nichts mehr» und «Wir fiebern nicht mehr mit», tönte es am Vortag im Potsdamer Landtag.

Denn das Prestigeprojekt taugt inzwischen nicht mal mehr zur Lachnummer. Zu kurze Rolltreppen und Gepäckbänder, Kabelsalat im Terminal, hunderte vergessene Räume und Licht, das nicht ausgeht – Hohn und Spott wurden dem Bau zuteil.

Die politischen Verantwortlichen hatten den BER vermurkst: mit dem Übermut, keinen Generalunternehmer zu beauftragen, mit permanenten Planänderungen und gigantischen Umplanungen, mit zu knappen Terminen, dem Rauswurf der Generalplaner 2012. Es folgten Intrigen, Hahnenkämpfe, Wehklagen und Verträge, die Baufirmen vor allem an Verzögerungen verdienen lassen.

Heute gibt es statt Gelächter eher Schulterzucken für den BER. Je mehr Eröffnungstermine kippen, desto weniger Übertragungswagen der Fernsehsender stehen vor der Tür, wenn die Aufseher tagen. Politiker schicken der Presse vor solchen Terminen schon mal Kommentare in Lückentext-Form – durch die Redaktion um einen Eröffnungstermin zu ergänzen, wenn man Genaueres wisse. Es ist Routine geworden.

Dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) gelingt dabei ein Kunststück: Er gibt zu, dass Jahre sinnlos vertan wurden. Und erklärt an anderer Stelle trotzig, anderswo dauere so etwas eben auch. «Der Flughafen München hat von der ersten Beschlussphase bis zum ersten Abflug 25 Jahre gebraucht.» Für Schönefeld gab es den Beschluss 1996.

Der Leidensdruck ist für die Passagiere nicht allzu groß. Der Airport Tegel ist zwar überlastet, funktioniert aber und ist für viele näher als Schönefeld. Laut Volksentscheid vom September wollen 56 Prozent der Berliner Tegel behalten, auch wenn der BER eines Tages startet.

Während das Terminal in Schönefeld vor sich hin dämmert, dreht sich die Welt weiter. Berlin und sein Tourismus wachsen. Wenn der neue Flughafen öffnet, wird er für die vielen Passagiere zu klein sein. Der Ausbau wird deshalb schon parallel zur Fertigstellung geplant.

Air Berlin – bei Baubeginn wichtigster Kunde der Berliner Flughäfen – ist pleite. Der BER muss sich nun stärker auf Billigflieger einstellen. Easyjet und Ryanair stürzen sich begierig auf den Markt der ansagten deutschen Hauptstadt.

Wachstum ist dort indes nur in Schönefeld möglich, nicht in Tegel. Also abreißen und neu planen? Solche Forderungen prallen an den Verantwortlichen ab. Denn wer sagt, dass es dann schneller ginge? Immerhin sind in Schönefeld jetzt sämtliche Umbauten genehmigt, und es gibt einen halbwegs klaren Überblick, was noch zu tun ist.

Wenn der Flughafen 2020 in Betrieb geht, wird er mindestens 6,5 Milliarden Euro gekostet haben – mit Erweiterungen. Beim ersten Spatenstich 2006 war von 2 Milliarden Euro die Rede gewesen. Pro Passagier gerechnet kann es der BER schon mit den hohen Kosten von Flughäfen wie Hongkong und Seoul aufnehmen, wo für viel Geld künstliche Landzungen aufgeschüttet wurden – nur dass das in Schönefeld nicht nötig war. Das letzte Wort ist beim Geld auch noch nicht gesprochen, im Frühjahr soll ein neues Finanzkonzept kommen.

Lütke Daldrup meint, das kritische Umfeld müsse auch sehen, wie reibungslos die Flughafengesellschaft jährlich 33 Millionen Passagiere an den alten Flughäfen Tegel und Schönefeld bewältigt: «Im Grunde sind wir, bei allen Klagen, ein totales Erfolgsmodell.»